Frohes Schaffen – Ein Film zur Senkung der Arbeitsmoral
Arbeit ist das unbestrittene Zentrum im Leben des modernen Menschen: Sie ist Sicherheit, Selbstbestätigung, Existenzberechtigung, sozialer Kristallisations- und Kommunikationspunkt. Arbeit ist eine Sucht, ein Fetisch, ein Mantra, das uns tagtäglich durch Politik und Medien umgibt. Arbeit ist die gelebte Praxis eines unanfechtbaren Glaubens.
In dekonstruierenden Interviews befragt Konstantin Faigle Experten weltweit nach dem Wert der Arbeit. Darunter den amerikanischen Sozialhistoriker Benjamin Hunnicutt, für den Arbeit längst die Religion als sinnstiftende Instanz des Menschen abgelöst hat. Weitere Interviewpartner/innen sind u.a. der Philosoph und Religionskritiker Michael Schmidt-Salomon, die Anthropologin und „Mem“-Expertin Susan Blackmore, Jeremy Rifkin, renommierter US-Ökonom und Autor von „Das Ende der Arbeit“ und Tom Hodgkinson, britischer Experte für Muße und Gelassenheit und Herausgeber des „idlers“ (Müßiggängers).
Darüber hinaus bereist der Filmemacher für ihn wichtige Stätten des Arbeitsglaubens und dessen Niedergangs. Im Ruhrgebiet trifft er die letzten „heiligen“ Bergarbeiter. In Hamburg begutachtet er ein virtuelles Übungskaufhaus, eine Aktivierungsmaßnahme für Langzeitarbeitslose. In den USA besucht er u.a. einen kalifornischen Ein-Mann-Fernsehsender, der seine Beiträge komplett via Internet auf den Philippinen schneiden lässt.
Parallel zu den tiefergehenden dokumentarischen Episoden ergründet der Film in kleineren, inszenierten Sequenzen mit Humor und in dramaturgisch zugespitzter Form unsere deutsche Arbeitswelt. Vom gut verdienenden, aber ausgebrannten Ingenieur in gehobener Position, über den einsamen Rentner, die emanzipierte Freelancerin in der Medienbranche und den scheinbar zufriedenen Versicherungsfachangestellten bis zum glücklichen Müßiggänger werden überzogene Charaktere vorgestellt. Hierdurch gelingt es Faigle den Stellenwert von Arbeit zu karikieren und zugleich zur (selbst)kritischen Reflektion anzubieten.
Faigle stellt mit seinem Film nicht, wie zumeist üblich, die Frage nach den Bedingungen der Arbeit, sondern nach der Arbeit selbst, nach ihrem heiligen Mythos, ihrem philosophischen Kern. Gerade in Zeiten ökonomischer Krisen und weiter zunehmender Ersetzbarkeit des Menschen als Arbeitsfaktor bedarf es einer solch ketzerischen, filmischen Reflektion. Gleichwohl versucht der Film auch Perspektiven aufzuzeigen: eben „Frohes Schaffen“ als Neuauslegung einer überholten Interpretationsweise von Arbeit.
- Deutschland, Österreich
- 94:00 Min.
- Regie: Konstantin Faigle
- Production: Erik Winker, Andreas Brauer, Martin Roelly
- Kamera: Steph Ketelhut
- Schnitt: Andreas Menn
- Musik: Theo Pauss
- Ton: Nic Wohlleben
- Sprache: deutsch, englisch
- Untertitel: deutsche
- Jahr: 2002