Madame


(Filmladen Kassel)

Madame

Caroline befreite sich in den 20ern aus dem für sie vorgesehenen Schicksal einer erzwungenen Ehe und dem Leben als Hausfrau und Mutter. Sie geht in die Schweiz und arbeitet sich stur nach oben: aus dem Frisiersalon in die Modebranche, von dort in die Gastronomie, direkt ins Herz des schweizerischen Bürgertums. Stéphane wuchs 50 Jahre später im bourgeoisen Wohlstand auf, kam aus gutem Elternhaus, ging auf die besten Schulen, zum Militär und engagierte sich politisch. Und doch passte er nicht so recht in diese Welt und war gezwungen, eine Rolle zu spielen, die alle von ihm erwarteten und die ihm doch nicht entsprach. Caroline und Stéphane sind zwei flamboyante Mitglieder derselben Familie: sie die unangefochtene Matriarchin, er ihr geliebter Enkel auf der Suche nach seinem Platz und seiner Identität. In MADAME entspinnt sich ein Austausch zwischen der 90-jährigen Caroline und Stéphane, nachdem dieser sein Coming-out hinter sich und eine Karriere als Filmemacher begonnen hat und sich als Aktivist gegen Sexismus und Homophobie engagiert. Die Grundlage für diesen intergenerationalen Diskurs über Selbstbestimmung und Familienbande, Rollenverständnisse und Sexualität, liefert das filmische Familienarchiv. Super-8- und Videoaufnahmen von Feiern und Urlauben ebenso wie die ersten Regieversuche Stéphanes ermöglichen eine Form des Dialogs zwischen ihm und seiner Großmutter, der so direkt im realen Leben nicht möglich war, konnten manche Dinge doch nicht offen thematisiert werden. Daneben ist der Film auch eine aufrichtige, oft unerbittliche Rekapitulation des Regisseurs, seines individuellen Weges der Selbstfindung und den unvermeidlichen Sackgassen bei den Versuchen, doch einfach dazuzugehören. Ein Film als Familienchronik, als Liebesbrief an die Großmutter und als Manifest für ein selbstbestimmtes Leben wider aller Vorstellungen von verordneter Männlichkeit und patriarchaler Hierarchien.… >>>

  • Dauer: 94 Min.
  • Regie: Stephane Riethauser