THE QUODDY FOLD zeigt eine intime Interaktion zwischen einer Frau, einem Haus und den Relikten seiner ehemaligen Bewohner/innen. In dem einstündigen Film baut Paulette Phillips langsam ein verlassenes Haus ab, das am Ostufer von Nova Scotia in einem Gebiet namens West Quoddy liegt. Stück für Stück, Schicht um Schicht, werden Oberflächen entfernt, um unter ihnen weitere Strukturen in unterschiedlichen Stadien des Verfalls freizulegen. Unter mehreren Schichten von Wandtäfelung und gemusterten Tapeten tauchen alte Zeitungen auf. Die historischen Anhaltspunkte, die sie liefern, reichen bis ins Jahr 1893 zurück. Trotz Staub und Schimmel sind noch viele Details an ihrem Ort – ein gefaltetes Handtuch auf dem Handtuchhalter, Geschirr im Spülbecken und in Schränken – was den Eindruck erweckt, als wären die Menschen, die einst dort lebten, nicht wirklich ausgezogen, sondern hätten das Haus in Eile verlassen (vielleicht hausen ihre Geister noch hier). Die Künstlerin arbeitet sich mit einem Mundschutz durch die verschiedenen Räume; Dämmstoffe und Dachlatten werden entsorgt. Es ist ein langer, schmutziger und mühsamer Prozess, unterbrochen von Ausblicken auf die offene kanadische Winterlandschaft und das Meer in verschiedenen Stadien des Gefrorenseins, bis es wieder Frühling wird. Aus einer moderigen Mappe, die irgendwo im Haus versteckt war, kommen von Stockflecken befallene Schwarzweißfotos aus dem letzten Jahrhundert an die Oberfläche. Bilder von Schiffen, Landschaften mit Pferden und viele Portraits: ernst aussehende Männer, junge Frauen in ihren besten Kleidern, Arbeiter/innen, Kinder und Familien – vielleicht Generationen von ihnen. Wer diese Leute sind, bleibt unerzählt. Die Kamera tastet die Fotos ab wie zuvor die Oberflächen des Hauses und zoomt manchmal auf ein Detail oder ein Gesicht. Am Ende stürzt das auseinandergenommene Haus ein. Ohne den Ehrgeiz einer archäologischen Feldforschung oder nostalgische Gefühle studiert Phillips die Entwicklung von Holz zu Staub, von feuchtem Papier zu Schimmel und den Rückfall des Hauses in Land und Meer. Und höchstwahrscheinlich wird auch das soeben zutage geförderte Familienarchiv dem natürlichen Lauf des Lebens folgen. Phillips’ Performance sucht beständig nach Anhaltspunkten für die Auflösung von Grenzen, Dinglichkeit, Geschichte und der Intersubjektivität von Raum, Ort und Spezies. Durch die Poetik der Ruine nimmt THE QUODDY FOLD eine Befragung von Wohnen und Landschaft vor, die Raum schafft, um auf die ökologischen, kulturellen und gesellschaftlichen Ängste rund um die Vergänglichkeit einzugehen.