„Jedes Jahr verlässt Liem, ein junger Mann aus der vietnamesisch ethnischen Minderheit der Sedang, sein Leben zu Hause, um eine alte Tradition zu pflegen. Er zieht sich in den Dschungel zurück, wo er versucht wie seine Vorfahren von dem zu leben, was er sammelt und jagt.“ (Texttafel des Filmes) Es ist dunkle, schwarze Nacht. Der kleine Spot einer Stirnlampe leuchtet in die Tiefe des Waldes. Dichte Vegetation, Blatter, sattes Grün. Ein kleiner, auf dem Rücken liegender Frosch auf Liems Hand. Liems Hände werfen große Schatten. Schatten wandern über Liems Gesicht. Ein Teppich aus Tierlauten formt einen geheimnisvollen Klang. Bild und Ton verweben sich zu einem rauschhaften Ganzen, das uns in eine mystische Welt entführt, die Welt der Ahn*innen. Und plötzlich die absolute Stille des nächsten Morgens. Liem und seine Begleiter ziehen durch die Wälder, jagen und machen Feuer. Sie versuchen eine alte Tradition zu erhalten, die zu verschwinden droht, ebenso wie der Wald, in dem sie stattfindet. Die Filmemacherin Franziska von Stenglin hält den kurzen Zeitraum einer spirituellen Reise in den vietnamesischen Dschungel fest. Sie beobachtet das Ritual der Auszeit der Sedang und knüpft mit ihrem Film an die Tradition des ethnografischen Films an. Aber der Film ist mehr, er ist offener und schließt auch die Beziehung zu ihren Protagonist*innen mit ein. Die Teilnehmende Beobachtung, analog auf 16mm-Material gedreht, zeigt moderne Zivilisation und verblassende Traditionen und stellt die Frage, wie lange solche Rituale noch möglich sein werden, denn sie sind untrennbar mit dem Schutz der Ökosysteme verbunden. Ein Film, wie ein Gemälde, der an das Werk von Apichatpong Weerasethakuls erinnert. Ein wirkliches Kinoereignis! (Ina Borrmann)