Landshaft
Wir sehen ein Auto, das über eine braun-graue Ebene fährt in deren Hintergrund schneebedeckte Berge aufragen, von der Rückbank des Autos blicken wir auf die holprige Straße vor uns, und beobachten eine Familie dabei, wie sie in ihrem Haus alltägliche Dinge verrichtet. Gleichzeitig hören wir Gespräche über nachbarschaftliche Verhältnisse, Misstrauen und Ressentiments, Familie, Beruf, Zukunftsplanung und moderne Kriegsführung. Der hier schwelende Konflikt ist auf den ersten Blick unsichtbar, nur durch die Tonebene drängt sich der kürzliche Krieg und die aktuell bedrohliche Lage in den Vordergrund: „let me show you“ / „these mountains are theirs“ – „those peaks are ours“ / „we have to sit and fear war“. Die karge aber rohstoffreiche Grenzregion ist durch einen jahrzehntelangen Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan geprägt, in diesem verstetigten Ausnahmezustand lebt die Zivilbevölkerung in Unsicherheit und Angst. Denn die feindlichen Armeen haben ihre Geschützpositionen in hohen Berglagen aufgestellt und kommen sich in der von zwei verschiedenen Seiten aus betriebenen Goldmine Sotk sogar bis auf 15 Meter nahe. Fast von Geisterhand geführt, bewegt sich die Kamera durch die windige Landschaft, folgt einer Schafherde oder steht still, während in der Ferne ein Güterzug vorbeifährt. Nähe und Distanz vermischen sich in der Montage, Versatzstücke und Auslassungen fügen sich zu einem Panorama mitten im unbeachteten Weltgeschehen. Zum Zeitpunkt der Programmauswahl war der Konflikt in unserer westlichen Öffentlichkeit fast in Vergessenheit geraten, jetzt da dieser Text verfasst wird ist er hochaktuell – wird er am Tag der Vorführung in Kassel noch in unserem Blickfeld liegen? (Sarah Adam)… >>>
- Dauer: 97 Min.
- Regie: Daniel Kötter