Der international renommierte Fotograf Michael Ruetz (geboren 1940 in Riga) ist ein Chronist deutsch-deutscher Geschichte und hat zahlreiche historisch bedeutsame Momente mit untrüglichem Gespür für die Magie des (richtigen) Augenblicks festgehalten. In seinen Bildern verbergen sich stets auch Entwicklungen über einen langen Zeitraum hinweg, aus Momentaufnahmen werden so Zeitbilder, die die Essenz ihres Entstehens im Bruchteil einer Sekunde konservieren. Exemplarisch dafür steht seine Fotoserie „Facing Time“, die auch diesem Film den Titel gab. Seine Bilder der Krähen über Auschwitz, sein Festhalten der Ohrfeige, die Beate Klarsfeld dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger verpasste, seine intimen Porträts eines Joseph Beuys haben unser Bild der BRD wesentlich geprägt – und trotz der mittlerweile 83 Jahre ist er noch immer aktiv, wach und auf der Suche nach dem einen Moment, der einen Millisekunde, in der sich alles auf wundersame Weise zusammenfügt, was er durch den Sucher seiner Kamera erblickt. Annett Ilijews Film folgt Ruetz, lässt ihn selbst von seinem Leben und seiner Jagd nach Bildern erzählen und zeichnet ein tiefgründiges Porträt eines Ausnahmekünstlers. (Joachim Kurz)