Hinweis: Thematisierung von Folter Kann das Kino ergründen, was Folter und Verhör in Menschen auslösen? Der iranische Filmemacher Mehran Tamadon lebt in Frankreich im Exil und hat seit über zehn Jahren Einreiseverbot in sein Heimatland. Sollte er versuchen zurückzukehren, drohen dem regimekritischen Künstler Inhaftierung und brutale Verhörmethoden. Um sich seiner tiefen Angst vor dem Regime zu stellen, entwirft Tamadon ein riskantes Rollenspiel: Er bittet Exil-Iraner*innen, die Verhöre und Inhaftierung durchleiden mussten, ihn ihrerseits zu verhören. Durch das Experiment sollen sie in die Fußstapfen ihrer Peiniger treten, und sich ihren Traumata stellen. Er selbst gibt dabei die Kontrolle über die Situation aus der Hand, jedoch wird alles gefilmt. Als die befreundete Schauspielerin Zar Amir Ebrahimi die Einladung des Filmemachers annimmt, gerät der Dreh außer Kontrolle. Zwei der wichtigsten regierungskritischen Stimmen des iranischen Kinos liefern sich einen Schlagabtausch, der lange im Gedächtnis bleibt. Zar Amir Ebrahimi, die unter Androhung von Folter ihre Heimat verlassen hat, gilt seit ihrer kürzlichen Auszeichnung als Beste Schauspielerin in Cannes als eines der wichtigsten öffentlichen Gesichter der aktuellen Proteste. Mehran Tamadon verblüfft seit Jahren mit seinen filmischen Tabubrüchen und ist regelmäßig Gast bei internationalen Festivals, zuletzt etwa mit gleich zwei Filmen bei der Berlinale. Ein weiteres Mal stellt er in MON PIRE ENNEMI aufwühlende Fragen, insbesondere über diejenigen, die sich entschieden hinter das iranische Regime stellen. Denn Gewalt verändert nicht zuletzt diejenigen, die sie ausüben. (Dennis Vetter)