Blickwechsel (Off-Screen I)


(BALi Kinos)

Wenn die Sichtachse der Projektion die der Betrachtenden trifft, wer schaut dann wen an? Gibt es einen Blick des Bildes? Kann das Bild auf die Betrachtenden zurückschauen?

Der erste Teil der Programserie OFF-SCREEN beschäftigt sich mit Formen und Strategien der Bildproduktion in kolonialen, politischen und anthropologischen Kontexten. Zusätzlich zu der selbst-reflexiven Praxis, in der die Verantwortung des dokumentarischen Filmschaffenden hinterfragt wird, stellen die Filme in diesem Programm auch Fragen über die Aufgabe des Betrachtens, über die eigene Position als Zeug/in des filmisch Dokumentierten. Eine Verhandlung findet im Kinoraum statt, außerhalb des Bildrahmens. Ein Dialog, ein Blickwechsel. Subjekt und Objekt tauschen ihre Positionen. Hier bleiben die Betrachtenden nicht mehr passiv, sondern werden ein aktiver Teil des Films, des Bildes und des Kinoraums.

Liquid Traits of an Image Apparatus

Abstrakte Codierungen erscheinen auf der Oberfläche des digitalen Schirms; sie können vom Menschen gelesen werden. Visualisierte, maschinelle Handlungsanweisungen bilden eine eigene Semantik und Grundlage für menschliche Handlungsanweisungen. Auf der Kinoleinwand wird dieses Bild von seiner Bedeutung entkoppelt. Es kondensiert am Bildträger und schwappt ins Auge. Die assoziative Montage minimalistischer Nutzungsoberflächen verläuft wie ein zufälliges rhizomatisches Konstrukt entlang der filmischen Zeitachse. Die eigene Körperlichkeit im Wahrnehmungsprozess und die medial bedingte Lesart sind die Protagonist/innen in einem Film ohne Narrativ.… >>>

  • Dauer: 7 Min.
  • Regie: Vera Sebert

Portrait of a Nation

In Mexiko wirkte die Landschaftsmalerei oft als Mechanismus der kolonialen Unterwerfung und verewigte eurozentrische künstlerische und historische Wertvorstellungen. Die Videoarbeit PORTRAIT OF A NATION untersucht, wie die Landschaftsmalerei von José María Velasco als ein Instrument der Überwachung und kolonialen Gewalt funktioniert. José María Velasco gilt als einer der einflussreichsten Künstler, der die mexikanische Geographie durch seine Landschaftsbilder zu einem Symbol der nationalen Identität machte. Indem die Landschaftsgemälde von Velasco mit einer Überwachungskamera neu fotografiert und in Zusammenarbeit mit den indigenen Purhépecha-Völkern in Mexiko neu inszeniert werden, thematisiert diese Videoarbeit die Komplexität der politischen und ethnischen Geographie Mexikos und fügt Landschaftsmalerei und Videotechnologien zu einem Geflecht der Überwachung zusammen.… >>>

  • Dauer: 11 Min.
  • Regie: Victor Arroyo

what remains

WHAT REMAINS besteht aus Bildern, die belit sağ in den Jahren 2015 und 2016 in Cizre, einer hauptsächlich kurdischen Stadt in der Türkei nahe der syrischen Grenze, aufgenommen und gesammelt hat, sowie Fundstücken aus der gesamten Türkei aus der gleichen Zeit. Ein Schwerpunkt der Arbeit ist das Filmmaterial der Künstlerin zu kurdischen Trauerpraktiken und der Verwendung von Totenbildern in diesen Praktiken. sağ nähert sich ihrem Thema sowohl philosophisch als auch emotional und ist bestrebt, einen Weg zu finden, ihre Arbeit theoretisch streng aber auch moralisch und ethisch mitfühlend zu gestalten. Der Film ist ein Versuch, die Bilder denjenigen zurückzugeben, die sie uns gegeben hatten. Die gesammelten Bilder können einerseits manipulieren, andererseits können sie heilen, mitverschwören, uns helfen, zwischen den Seiten hin- und herzugehen, sich erneut mit dem Thema zu beschäftigen, die Erinnerung aufzufrischen, die Gewalt aufs neue zu erleben.… >>>

  • Dauer: 7 Min.
  • Regie: belit sağ

Parsi

„No es“ ist ein Sammelgedicht von Mariano Blatt, dessen ständiger Schreibprozess sich über ein Leben erstreckt. Der Text des Gedichts, dem über Tage, Monate und Jahre hinweg Verse hinzugefügt werden, kann alles umfassen: Bilder, Menschen, Erinnerungen, Landschaften, Phrasen, Ideen, etc. Mit dieser Liste von "Was zu sein scheint, aber nicht ist" im Kopf, befindet sich Eduardo Williams' Film PARSI in einer ewigen Bewegung durch Räume und um Menschen herum. Wir werden auf eine atemlose Fahrt durch geschäftige Viertel mitgenommen, von Mensch zu Mensch, geworfen, unter Wasser getaucht, von Bild zu Bild gehetzt. Dabei entsteht ein weiteres Gedicht, das von No es gestreichelt wird, mit ihm kollidiert und sich um es dreht.… >>>

  • Dauer: 23 Min.
  • Nominierung: Goldener Schlüssel
    • Regie: Eduardo Williams,Mariano Blatt