Hier gibt's nichts zu erinnern


(BALi Kinos)

Jeder Ort erzählt eine Geschichte. Manche dieser Geschichten sind vordergründig, sie lassen sich beispielsweise an fassbaren Merkmalen, an den kontextuellen Zusammenhängen oder an den Erzählungen der Menschen festmachen. Aber was, wenn die Geschichten einiger Orte und die Erinnerungen ihrer Menschen verborgen bleiben, sie sich nicht durch Sprache oder Wissenschaft nacherzählen lassen? Was, wenn der Kontext vergessen wird? Die fünf Filme in diesem Programm gehen jeweils von solch einem Ort aus. Orte und Menschen, die der vergangenen und der gegenwärtigen politischen, kulturellen, militärischen und ökonomischen Geschichte Deutschlands angehören. Diese Filme verwenden diverse künstlerische Strategien (Projektion, Assemblage, Musikvideo, Komödie, Nachstellung), um die unsichtbaren und teils vertuschten Geschichten Deutschlands erfahrbar zu machen.

This Makes Me Want to Predict the Past

THIS MAKES ME WANT TO PREDICT THE PAST porträtiert eine Gruppe von migrantischen Jugendlichen am Münchner Olympia-Einkaufszentrum bei ihren alltäglichen Erkundungen, während sie ihre Träume und Hoffnungen, aber auch Ängste und Albträume thematisieren. In dem Einkaufzentrum wurden während eines rassistischen Anschlags im Jahr 2016 neun Jugendliche mit Migrationshintergrund ermordet, fünf weitere angeschossen und viele Menschen schwer verletzt. Neben dem Alltäglichen stellen die Jugendlichen Aleyna Osmanoglu und Sosuna Yildiz mittels Archiv-Fotographien Szenen aus dem Theaterstück Düşler Ülkesi (1982) im Einkaufszentrum nach. Die Premiere des Stücks wurde damals von einer Bombendrohung gegen das Theater überschattet. Der, im Titel der Arbeit angelegte Widerspruch, die Vergangenheit vorhersagen zu wollen, ist ein Verweis auf die kontinuierliche und intersektionale Erfahrung von Rassismus, die die Jugendlichen aus den 1980er Jahren mit denen von heute verbindet.… >>>

  • Dauer: 16 Min.
  • Nominierung: Goldener Schlüssel
    • Regie: Cana Bilir-Meier

    From Camp to Campus

    Der Kurzfilm FROM CAMP TO CAMPUS setzt die Begriffe Camp und Campus in Beziehung. Unter der Bezeichnung Luftfahrtforschungsanstalt installierte das NS-Regime südlich von München ein Rüstungszentrum, zu dessen Bau Zwangsarbeiter/innen eingesetzt wurden. Bis heute wird dort militärisch produziert. 2013 wurde der Komplex nach dem NS-Ingenieur Ludwig-Bölkow benannt und als Campus ausgewiesen. Während die baulichen Dokumente des früheren Gefangenenlagers bereinigt werden, etabliert die bayerische Staatsregierung am Ort der früheren Zwangsarbeit ihre Luft- und Raumfahrtstrategie Bavaria One.… >>>

    • Dauer: 10 Min.
    • Regie: Franz Wanner

    Willi Bredel

    Als Teil einer Serie zu Traditionen von Arbeiterschriftsteller/innen produzierte Ina Wudtke in Kooperation mit dem Hamburger Rapper Captain Gips das Video WILLIE BREDEL. Captain Gips spielt hier den Metallarbeiter und -fräser Willi Bredel (1901 Hamburg - 1964 Berlin Ost), einen der bekanntesten Arbeiterschriftsteller seiner Zeit, dessen Bücher in siebzehn Sprachen übersetzt wurden. Sein Buch „Die Prüfung“ war das erste schriftliche Dokument aus einem Konzentrationslager. Heute ist Willi Bredel jedoch in Vergessenheit geraten, es ist also an der Zeit seinen Namen wieder zu nennen.… >>>

    • Dauer: 5 Min.
    • Regie: Ina Wudtke

    Wir sprechen heute noch Deutsch

    Basierend auf Aufnahmen aus dem Integrationskurs „Leben in Deutschland“, kontrastiert das Projekt dessen vermittelte Werte und Witze mit der Szenerie, die im Ausland das Bild Deutschlands dominiert.… >>>

    • Dauer: 16 Min.
  • Nominierung: Goldener Schlüssel
    • Regie: Clara Winter,Miguel Ferráez

    DAS BILD DAS NICHTS ANZUBIETEN HAT

    Eine Kamerafahrt entlang des Zauns um das Gebäude des Bundesnachrichtendienstes in Berlin. Auf das Bild, des nach Unsichtbarkeit strebenden Ortes folgt die Leere. Zelluloidfilm, ein paar sichtbare Gebrauchsspuren des Materials, ansonsten ist der Frame weiß. Drei Stimmen unterhalten sich versiert, assoziierend, kritisch über das Verhältnis digitaler und analoger Bilder zur Welt und zu den Betrachter/innen sowie über die Geschichte des Gebäudes.… >>>

    • Dauer: 18 Min.
    • Regie: Bruno Siegrist