Refugee Lullaby

Im Herbst 2015 sieht die israelische Regisseurin Ronit Kertsner ein YouTube-Video, das über 70.000 Mal geteilt wurde. Darin ist Hans Breuer zu sehen, ein jüdischer Wanderschäfer, der eine arabische Familie über die Grenze nach Österreich fährt und den Kindern zur Beruhigung ein jiddisches Schlaflied vorsingt. Daraufhin sucht sie ihn und begleitet über drei Jahre lang mit der Kamera sein außergewöhnliches Leben und sein Engagement für Geflüchtete. Hans lebt mit seiner kleinen Familie in sehr einfachen Verhältnissen, in einem Schäferwagen, ohne fließendes Wasser. Nachts, nach der Arbeit mit den Schafen, fährt er mit dem Auto an die ungarische Grenze und bringt Geflüchtete nach Österreich. Später wird er in Unterkünften für Geflüchtete mitarbeiten, Deutschkurse geben und sie bei Problemen im Alltag unterstützen. Der Schlüssel, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen, sind seine Lieder, die er teils selbst komponiert hat. Der Film zeichnet nach und nach ein deutlicheres Bild eines Menschen, der als jüdisches Kind Übergriffen seiner Mitschüler/innen ausgesetzt war und noch heute an den Kindheitserinnerungen an die Erzählungen seiner Mutter, einer kommunistischen Widerstandskämpferin, die in Gefangenschaft gefoltert wurde, verzweifelt. Als Erwachsener entschloss sich Hans, Schäfer zu werden, um nicht in einer Gesellschaft mit Nazis, bzw. mit Menschen, die Nazis tolerieren, leben zu müssen. Dass er sich neben seinem Aussteigerleben für Geflüchtete engagiert, ist für ihn eine logische Konsequenz seiner Biografie. REFUGEE LULLABY zeigt einen warmherzigen Menschen, der gerne helfen möchte. Gleichzeitig ist zu spüren, dass Hans sich damit auch selbst hilft und versucht die Traumata seiner jüdischen Kindheit zu verarbeiten. Das Portrait gewährt Einblick in die Gedankenwelt eines facettenreichen Menschen, für den Musik un Geflüchtetenhilfe eine Lebensnotwendigkeit sind.… >>>