Erde


(Gloria Kino)

Erde

Blick von oben, Maschinen ziehen ihre Kreise auf einem riesigen Baufeld im San Fernando Valley in Kalifornien, wie Ameisen kriechen Bagger durch eine Mondlandschaft. Unten auf dieser Großbaustelle blickt der Bauleiter direkt in die Kamera und sagt trocken: „Wenn dich ein Mädchen in einer Bar fragt, was du beruflich machst, und du sie ansiehst und ihr ehrlich antworten kannst ‚Ich versetze Berge‘ – dann wird sie das in Frage stellen. Aber es ist wahr.“ Mehrere Milliarden Tonnen Erde werden durch Menschen jährlich bewegt – mit Baggern, Bohrern oder Dynamit. In atemberaubenden Bildern zeigt Geyrhalter Minen und Steinbruche, Großbaustellen und Kohleabbaugebiete in Europa und Nordamerika, die durch unermüdliche Umwälzungen von immensem Ausmaß offene Wunden in der Erdkruste zurucklassen: im Braunkohletagebau im ungarischen Gyongyos inmitten eines prähistorischen Sumpfzedernwaldes, in den Kupferminen am spanischen Rio Tinto, wo seit dem Römischen Reich Metall abgebaut wird, inmitten der kanadischen Olsande auf dem Gebiet einer First Nation oder auf einer Riesenbaustelle im San Fernando Valley, wo Berge geschliffen werden, um leicht zu bebauende Grundstucke zu schaffen. Am Brenner wird ein Basistunnel durch den Berg getrieben, um die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt zu ermöglichen. Im ehemaligen Salzbergwerk in Wolfenbüttel ist man darum bemüht, größtmögliche Stabilitat zu bewahren, damit – bis ein neues Endlager gefunden wird – der dort gelagerte Atommüll keine weiteren Schäden verursachen kann. Zwischen der abstrakten Choreografie der maschinellen Abläufe und des akkuraten Ineinandergreifens der einzelnen Arbeitsprozesse kommen die daran beteiligten Arbeitenden zu Wort. Sie erzählen vom leidenschaftlichen Kampf des Menschen gegen die Erde, der täglichen Faszination, „Berge zu versetzen“. Sie sprechen aber auch voll Demut und im Bewusstsein der unwiederbringlichen Veränderungen, die ihr Tun hinterlasst – und von den Grenzen, die längst überschritten sind.… >>>

  • Dauer: 116 Min.
  • Regie: Nikolaus Geyrhalter