From My Desert

FROM MY DESERT begleitet einen jungen Investor zur Begutachtung seines jüngsten Assets in das Zollfreilager in Genf. Das Treffen wurde von einem Kunsthändler arrangiert, bevor mit Zustandekommen des Kaufvertrages das Kunstwerk für die nächsten Jahre in der zollfreien Zone eingelagert bleibt, bis dessen Marktsteigerung einen Wiederverkauf lukrativ macht. Durch labyrinthische Gänge in der Manier von Computerspielen bewegt sich der computergenerierte Charakter durch das streng gesicherte, die Anonymität seiner Kund/innen wahrende Lager zu einem privaten, klimatisierten Schauraum. Dort trifft der Investor auf das berühmte Portrait Martin Luthers (1528) von Lucas Cranach dem Älteren. „Er war aufgeregt vor diesem ersten Treffen. Diese Art des Investments war ihm neu. Sachanlagen waren nicht sein Gebiet, aber seit 2008 hatte sich der Kunstmarkt als die stabilere und profitablere Wahl entpuppt. Er öffnete die schwere kugelsichere Tür zum privaten Schauraum. […] Er hing an der Wand, von Spots angestrahlt. Hier begegneten sie sich zum ersten Mal. „Oh yeah, you are all mine now“, sagte der Investor laut. […] Er schaute ihm tief in die Augen und war beindruckt, wie lebendig sie gemalt waren. […]“ Und was nur eine Geldanlage sein sollte, wurde so viel mehr. Mit einem Mal glaubt der Investor das Gemälde sprechen zu hören, dann lächelt Luther ihn freundlich an. Es entspinnt sich eine kumpelhafte Freundschaft zwischen dem Anleger und dem Reformator, sie sprechen über typische „Jungsthemen“ – etwa wie man politische Macht und Loyalität ausnutzt um nach vorne zu kommen, und andere für sich arbeiten lässt, während man eigene Interessen verfolgt. Schon bald entwickelt der junge Investor ungekannte erotische Gefühle zu dem so ernsthaft und männlich wirkenden Martin. In jeder freien Minute besucht er ihn zu einem Tête-à-Tête im „Darkroom“. Martins Aufmerksamkeit erlischt jedoch, sobald der Investor, der seinen „schönen Gefangenen“ nicht mehr missen möchte, das gemeinsame Ziel aus den Augen zu verlieren scheint: den profitablen Wiederverkauf. Intelligent und mit Humor zeichnet Veneta Androva die groteske Absurdität eines zu reiner Spekulation verkommenen Kunstmarktes nach, beschwört die gegenseitige Attraktion von „protestantischer Ethik und dem Geist des Kapitalismus“ (frei nach dem 1905 erschienen Werk von Max Weber), und verquickt in dem liebevoll handgemalten, animierten Portrait „Martins“ – der sich in der Installation bereits in der Transportkiste statt im Museum befindet – digitale Animation und Malerei.

  • Dauer: 14 Min.
  • Länder: DE
  • Sprache: eng
  • Produktionsjahr: 2019

  • Regie: Veneta Androva
  • Produktion: Veneta Androva
  • Sound: Nadia D'Aló, Benedikt Frey
  • Musik: Nadia D'Aló, Benedikt Frey
  • Nominierung: Golden Cube