Buxus

Der Buchsbaum hat eine lange Geschichte in der Gartenkultur Europas. Bereits die Römer rahmten ihre Beete mit Buchsbaumhecken ein und brachten das formbare Gewächs auch in die von ihnen eroberten Gebiete. BUXUS reimt sich auf Luxus, was auf die Verbreitung des Baumes in den Gärten von Versailles wie auch in deutschen Vorstädten zu passen scheint. BUXUS reimt sich auch auf den Namen einer bekannten Kunstrichtung und man könnte sagen, die kontrollierte Gestaltung der Pflanzen ist längst zur eigenen Kunstform geworden. Als Dagmar Weiß für ein Aufenthaltsstipendium ins Münsterland kommt, hat sie eigentlich nicht vor, ein filmisches Projekt zu realisieren. Doch der Ort, der von Neubauten aus den 90er Jahren, Carports, Steingärten und, nun ja, Buchsbäumen, geprägt ist, bewirkt bei ihr ein Gefühl der Beklemmung, des Beobachtet-Seins. Die neue Umgebung scheint Verhalten und Bewegungen zu beeinflussen. Das gibt ihr den Impuls, darauf zu reagieren – die Arbeit wird für sie auch Form der Kontaktaufnahme. Vier Fotografien von leeren Vorgärten und fünf Videos von Choreografien sind daraufhin entstanden. Waren es zuletzt vermehrt professionelle Schauspieler/innen, die in den Filmen von Dagmar Weiß auftraten, war schnell klar, dass für BUXUS nur Menschen aus dem Ort selbst als Performer/innen in Frage kommen. Ausgehend von der Form der Gärten, die sie zur Bühne umfunktionierte, erarbeitete die Künstlerin Choreografien und suchte anschließend nach Personen, um diese auszuführen. Die Performer/ innen ordnen sich einer Gestaltung unter, sie laufen Wege ab und führen Bewegungen aus, die durch die strenge Architektur der Gärten vorgegeben sind. Sie verschwinden hinter Bäumen, kreisen ihre Köpfe, schwingen die Arme wellenartig durch die Luft. Die Mitarbeit der Ortsbewohner/innen kann als Element der Selbstironie gelesen werden, vor allem aber nehmen sie eine, der kritischen Reflexion fähige, souveräne Position ein. Als Darsteller/innen ihrer selbst – mit all der natürlichen Widerständigkeit von Laiendarsteller/innen gegenüber der Regie – nehmen sie Teil an einer Art Hinterfragung und Reflexion ihres Lebensumfeldes. Dagmar Weiß fragt nach Zweck und Wirkungsweise von Ordnung: Welche ästhetischen, welche sozialen Standards existieren? Wer stellt sie auf und wer ordnet sich ihnen unter? Fragen, die man auch Bildern stellen kann, sagt sie, denn als Fotografin und Filmemacherin nutzt auch sie eine geordnete Ästhetik. Ordnung übt eben auch Macht aus und wird zum Mittel ästhetischer wie sozialer Kontrolle. Doch wo ist sie Voraussetzung für die Entfaltung von Zusammenleben, von Kommunikation oder künstlerischer Arbeit, und wo wirkt sie einengend oder gar lebensfeindlich? Holger Jenss

  • Dauer: 6 Min.
  • Länder: DE
  • Sprache: zxx
  • Untertitel: zxx
  • Produktionsjahr: 2019

  • Regie: Dagmar Weiß