Flexible Erwartungsauffälligkeit

Steht man der FLEXIBLEN ERWARTUNGSAUFFÄLLIGKEIT gegenüber, stellt sich zunächst eine gewisse Faszination ein im Anblick dieser ausrangierten Maschine, die ihre besten Zeiten hinter sich zu haben scheint und die wir vielleicht noch aus einer überwundenen industriellen Vergangenheit her kennen. Was auch immer einst an ihrem Kettenkarussell transportiert worden ist, bleibt ihr Geheimnis. Catharina Szonn hat sie aus ihrem Funktionszusammenhang herausgerissen, freistehend in den Ausstellungsraum montiert und mit Versatzstücken unserer materiellen Gegenwart neu bestückt: mit allerlei Alltagsgegenständen aus Kunststoff und seltsamen, Körperteilen ähnelnden Gebilden, die nun ewig aneinander zerren, sich zerreiben und gegenseitig abreißen. Zudem hat sie die Maschine um mehrere Papierschredder und LED-Laufbänder erweitert, die die immer gleichen Textfragmente von endlosen Papierrollen auffressen und wieder ausspucken. Die Maschine selbst funktioniert noch immer einwandfrei. Doch was da nun um sich selbst hin und her kreist und gnadenlos abgeschliffen wird, lässt die anfängliche Faszination in das schmerzhafte Gefühl völliger Nutzlosigkeit und Unerfülltheit umkippen. Dabei ist die Versuchung groß, in der Maschine allein einen Verweis auf unseren gesellschaftlichen Arbeits- und Produktionszusammenhang zu sehen, als etwas dem Menschlichen Gegenüberstehendes, etwas Überwindbares, ihm Äußeres. Doch egal, ob wir uns nun im postindustriellen oder im postdigitalen Zusammenhang begreifen, ob wir uns als Maschinen-Menschen oder Mensch-Maschinen denken, wir sind untrennbar mit unseren Werkzeugen und Materialien verbunden, die uns herausfordern, unsere Wirklichkeit gestalten. Und so erkenne ich mich am Ende nur selbst in dieser traurigen Gestalt. Es ist das Leben selbst. All die Dinge, die wir in uns und mit uns herumschleppen, die wir in unserem ewigen Kreislauf mit uns reißen, die wir in uns hineinschlingen, die wir wieder ausspucken und die wieder von uns abfallen. Unser Motor, der buchstäbliche innere Antrieb, der uns immer vor und zurücktreibt, diese Erde umzuwälzen, Schlachten zu schlagen, Sinn zu produzieren. Wohin das große Gezerre auch führen mag, am Ende nutzen wir uns ab, verschleißen wir und werden nur gewesen sein. Ich möchte sie eigentlich in den Arm nehmen und trösten. Wenn ich nicht Gefahr laufen würde, von ihr mitgerissen zu werden. Das Leben bleibt eine mühselige Idiotie, in der alles kontinuierlich und zugleich vergeblich zirkuliert. Was auch immer es ist, dieses bewegte Leben, es bleibt unerfüllt. Don Quijote par excellence. Franz Reimer

  • Dauer: keine Angabe / Min.
  • Länder: Germany
  • Sprache: German
  • Produktionsjahr: 2018

  • Regie: Catharina Szonn