Rojek
An Bord einer Drohne fliegt eine Kamera über ein Territorium. Die Luftaufnahmen zeigen eine karge Landschaft, durchsetzt mit ärmlichen Häusern, Tieren und einigen menschlichen Figuren. Kaum hat man Zeit sich zu fragen, wo man sich befindet, wird ein Text über den Bildschirm gelegt, der sich direkt an die Zuschauer*innen wendet: Wir sind in Rojava, Syrisch-Kurdistan, das von der Besetzung durch den so genannten Islamischen Staat befreit wurde – vor allem durch den Einsatz kurdischer Milizen, in denen auch Frauen kämpften. Heute sehen wir kurdische Soldatinnen an Check-Points, wie sie selbstbewusst und professionell Lastwagen nach möglicher Schmuggelware durchsuchen, als zentrales Sicherheitselement einer entstehenden und immer bedrohten Staatlichkeit in dieser Region. Die Personifikationen einer solchen Bedrohung, die dschihadistischen Mitglieder des IS, befinden sich derzeit in Gefängnissen, ihre Ehefrauen in Gefangenenlagern. Die kurdische Filmemacherin Zaynê Akyol hatte die Erlaubnis, sie über ihre Ideen, ihre Vergangenheit und die Zukunft zu befragen, über ihren – zum Teil noch immer verfolgten – Traum, ein islamistisches Kalifat zu errichten. Der Film nimmt ihnen gegenüber eine dialektische Haltung ein, will Beweggrunde, politische und individuelle Haltungen verstehen, bevor er Täter*innen und ihre Taten verurteilt. So nehmen die persönlichen Geschichten Gestalt an, manche gestehen eine Schuld ein, andere sind ungebrochene Apologet*innen des mörderischen Regimes. Eingerahmt werden diese intensiven, hermetischen Interviewsequenzen, die uns fragend und zum Teil sprachlos zurücklassen, von großen Landschaftsaufnahmen. Der Enge des Gefängnisses und des Denkens der Insass*innen wird die freie Weite des Landes entgegengesetzt. Das Ergebnis ist ein Film, dessen Struktur und filmischer Takt uns an die Leinwand fesseln. (Jens Geiger-Kiran)… >>>
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- Dauer: 127 Min.
- Regie: Zaynê Akyol