Eat Your Catfish
Der Hinterkopf einer Frau im Rollstuhl – über eine Computerstimme hören wir sie: „Es ist, als wurde man in extremer Zeitlupe zusehen, wie man von einem Bus überfahren wird und ein Körperteil nach dem anderen zerquetscht wird“… „Der Kopf bleibt so lange verschont, bis das Gehirn an einem leblosen Stoffpuppenkörper hängt.“ Die New Yorkerin Kathryn hat die tödliche Krankheit ALS und ist vollständig gelahmt. Sie kann sich nur verständigen, indem sie mit ihren Augen auf einer speziellen Tastatur Buchstaben anzeigt, und sie muss rund um die Uhr betreut werden. Der einzige Grund, warum sie noch nicht darum gebeten hat, von den lebenserhaltenden Maßnahmen abgeschaltet zu werden, ist, dass sie nicht bereit ist, sich von ihren Kindern zu verabschieden. Die anstehende Hochzeit ihrer Tochter Minou mochte sie noch erleben. ALS hat nicht nur Kathryns Muskeln zerstört, sondern auch ihre Ehe schwer belastet. Ihr Mann Said schafft es nicht mehr, sich um sie zu kümmern. Verbittert und überfordert, verstrickt er sich immer wieder in heftige Streitigkeiten mit seinem Sohn Noah. Anders als sein Vater, übernimmt dieser meist liebevoll und geduldig Teile in der herausfordernden Pflege. Der Film ist fast ausschließlich aus Kathryns Sicht gefilmt: Die Kamera wurde hinter ihrem Rollstuhl angebracht, und es war nie ein Filmteam zugegen. Aus über 900 Stunden Material haben die Filmemacher*innen, darunter auch Kathryns Sohn Noah, den Film geschnitten. Entstanden ist ein schonungsloses Porträt einer Familie im Ausnahmezustand. Das Filmmaterial zeigt ihre Frustrationen und ihre Traurigkeit, ihre Erinnerungen, aber auch Momente des Glücks und des Stolzes. Kathryns wacher und humorvoller Geist helfen der Familie und professionellen Pflegekräften diesen unerträglichen Zustand, eine Gefangene im eigenen Körper zu sein, mitzutragen. Wenn die Kunst existiert, damit wir stellvertretend andere Realitäten als unsere eigenen erleben, dann finden wir hier ein extrem starkes und forderndes Beispiel dafür. (Cosima Lange)… >>>
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- Dauer: 73 Min.
- Regie: Adam Isenberg, Noah Amir Arjomand, Senem Tüzen