Das Hamlet Syndrom


(Filmladen)

Das Hamlet Syndrom

„Ich war Hamlet am 21. Januar 2015!“ Die Identifizierung mit Shakespeares tragischem Helden hilft den ehemaligen Kämpfer*innen und Zivilist*innen, die in der Folge der Maidan-Revolution 2013/2014 in den Krieg in der Ostukraine verwickelt wurden, ihre traumatischen Erlebnisse noch einmal hervorzuholen: Traumatherapie auf der Bühne, wenige Monate bevor Russland 2022 die Ukraine erneut angreifen wird. Mit dem Wissen um das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine, schreiben sich die Biografien der Protagonisten in tragischer Weise fort. Die Teilnehmer*innen des Theaterprojektes, dessen Entstehung von den Filmemacher*innen begleitet wird, sind Slawik, Roman, Katja, Oksana und Rodion. Während der Proben erzählen sie von Gewalterfahrungen in der Familie oder im Krieg, von Kriegsverbrechen und von Foltermethoden, die auch heute wieder praktiziert werden. Die Narben und Spuren sind in ihre Körper und Seelen eingegraben; sie auf der Bühne zu exponieren, kostet Überwindung und Kraft. Die Beharrlichkeit mit der die Regisseurin die Teilnehmer*Innen in die Vergangenheit zurückführt, treibt die Proben mehrfach an den Rand der Eskalation, die Gruppe droht auseinanderzubrechen. Wir werden Zeuge*innen davon, wie sich die Kinder bei ihren Eltern für ihre Teilnahme am Krieg entschuldigen; sie ließen sich funktionalisieren, wollten projizierte Erwartungen erfüllen und fühlen sich nun verantwortlich dafür, sich selbst und ihre Liebsten ruiniert zu haben. Über diesen Film wird man noch lange nachdenken, nicht nur weil sich die Gewalterlebnisse ins Gedächtnis einprägen, sondern auch weil die Teilnehmer*innen dieses Projektes so ausgewählt wurden, dass ein sehr differenziertes Bild unterschiedlicher Haltungen und Motivationen zum Krieg in der Ukraine entsteht. (Christina Zimmermann)… >>>

  • Dauer: 86 Min.
  • Regie: Elwira Niewiera, Piotr Rosolowski