Anima – Die Kleider meines Vaters
Es war ein Schock, als die Filmemacherin Uli Decker und ihre Schwester noch am Sterbebett des Vaters von ihrer Mutter ein Geheimnis offenbart bekamen, von dessen Existenz weder sie noch irgendjemand das Geringste ahnten: Seit seiner Kindheit fühlte sich der in der stockkonservativen oberbayrischen Provinz lebende Mann fasziniert und magisch angezogen von dem Wunsch, sich als Frau zu kleiden. Sich aber öffentlich dazu zu bekennen und die Leidenschaft auch offen auszuleben, das kam für Ulis Vater niemals in Frage. Die Fassade musste stimmen – und die bestand aus einer intakten Familie mit festgefugten und unverrückbaren Rollenbildern sowie großem Engagement für die in der Region allgegenwärtige katholische Kirche. Für Abweichungen von diesen Normen war in der Nachkriegszeit kein Platz. Lange Jahre trug die Filmemacherin Uli Decker die Geschichte ihres Vaters mit sich herum, überlegte und verwarf mehrmals Plane, diese in irgendeiner Form zu Papier oder auf die Leinwand bringen zu können, denn keine Form schien ihr je angemessen genug, sich diesem Geheimnis zu nähern. Bis sie schließlich doch einen Weg fand, der Geschichte ihres Vaters und ihrer eigenen gerecht zu werden. In ihrem überaus bewegenden und sehr persönlichen Dokumentarfilm, der auch vor einer intensiven Selbstbefragung nicht Halt macht, mischen sich fantasievolle Animationssequenzen, Interviews und Archivmaterial zu einem dicht gewobenen Erinnerungsteppich, der Familiengeschichte, Dokument einer (auto)biografischen Recherche und Sittenbild der Nachkriegszeit in der bayrischen Provinz zugleich ist. (Joachim Kurz)… >>>
- Dauer: 95 Min.
- Regie: Uli Decker