Marina Abramovic - The Artist is Present
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Wikipedia nennt Marina Abramović in aller Untertreibung „eine serbische Performance-Künstlerin mit internationalem Renommee”. Doch wer einmal mit Abramović in Kontakt gekommen ist, wird sie definitiv nicht mehr vergessen. Kernstück des Filmes ist die Retrospektive des Werkes Marina Abramovićs im Museum of Modern Art im Jahre 2010 — eine einmalige Auszeichnung, denn dort bekommen sonst nur tote Künstler/innen eine Gesamtwerkschau. Die Wirkung der Performances Abramovićs schaffen es, die Kinoleinwand zu durchbrechen und einen ganzheitlicheren Einblick in das Leben und Werk der Ausnahmekünstlerin zu schaffen.
Von ihren Eltern – serbischer Nationalhelden und Soldaten – erfuhr sie nur wenig Liebe, dafür aber sehr viel Disziplin und Härte. Zusammen mit ihrem feinsinnigen Geist und ihrer schier unglaublichen Körperkraft formt sich aus diesen Elementen eine Künstlerin, die bei jeder Performance, bei jedem Projekt, sei es beruflich oder privat, ans Äußerste ihrer Möglichkeiten geht. Dabei ist sie, und das wird ganz deutlich in diesem Dokument, stets Mensch und Künstlerin zugleich. Wie ihr ehemaliger Lebenspartner einmal sagte: „Es gibt keinen Augenblick, in dem sie nicht performt.” Was Kunst für Abramović bedeutet, lässt sich nicht so leicht festlegen. Scherzhaft bemerkt sie, wie sie Jahrzehnte lang immer wieder gefragt wurde „Und das ist Kunst?” Eines lässt sich jedoch schnell feststellen: ihr Hauptaugenmerk ist neben brachialer Körperlichkeit stets der Kontakt zum Publikum. Wer ihr zuschaut, tritt in einen Dialog — ob er will oder nicht.
In der Retrospektive im Museum of Modern Art performen junge Künstler/innen im Obergeschoss die früheren Werke der Künstlerin, während Abramović selbst drei Monate im Foyer des MoMA zwölf Stunden täglich bewegungslos auf einem Stuhl sitzt. Ihr gegenüber kann jeder Platz nehmen, der möchte, und es werden Hunderte, die sie dort besuchen, um ihr für kurze Zeit einfach nur in die Augen zu sehen. Und hier zeigt sich, wie wunderbar das Medium Film mit Abramovićs Kunst zusammenarbeitet, denn es geschieht, was man kaum für möglich hält: Das Beobachten zweier sich gegenübersitzender Menschen in einem großen Raum erzeugt nach kurzer Zeit eine so starke Sogwirkung, dass man als Zuschauer/in auf mehreren Ebenen begreift, was die Abramović zu mehr macht als nur einer „serbischen Performance-Künstlerin mit internationalem Renommee”.
- Vereinigte Staaten von Amerika
- 105:00 Min.
- Regie: Matthew Akers
- Production: Jeff Dupre, Maro Chermayeff
- Kamera: Matthew Akers
- Schnitt: E. Donna Shepherd, Jim Hession
- Musik: Nathan Halpern
- Sprache: englisch
- Jahr: 2012