In Bewegung bleiben


(Filmladen Kassel)

In Bewegung bleiben

Gehen oder bleiben? Birgit Scherzer avanciert nach dem Erfolg ihres Stücks „Keith“ zur gefragten Choreografin. Es ist Januar ’88 in Ost-Berlin, der baldige Fall der Berliner Mauer nicht zu erahnen und „Keith" feiert an der Komischen Oper Premiere. Doch Scherzer ist unzufrieden. Sie fühlt sich in ihrer Arbeit eingeschränkt. Gehen oder bleiben? Scherzer entscheidet sich: sie geht. Und nicht nur sie, auch vier ihrer Kolleg*innen werden in den Monaten nach der Premiere die DDR verlassen. Zwei Jahrzehnte später trifft Filmemacher Salar Ghazi auf die Gruppe um Scherzer und lässt sie in ruhigen Schwarz-Weiß-Bildern zu Wort kommen. Dabei verwebt er seine Aufnahmen auch immer wieder mit ausgewähltem Archivmaterial. Mit einigen der Tänzer*innen war Ghazi damals befreundet, eine Nähe, die man in der Offenheit der Protagonist*innen spürt. Sie berichten von ihrem Leben und Werdegang, von alltäglichen Absurditäten „im Osten“, staatlicher Willkür und Repressionen. Aber auch von der Ausbildungschance, die den meist aus Arbeiter*innenfamilien stammenden Tänzer*innen zuteil wurde, von ihrer privilegierten Position innerhalb der DDR, von der kreativen Atmosphäre an der Komischen Oper und ihrer Verbundenheit untereinander. Die Tänzer*innen sind ein wichtiges Aushängeschild für den Kulturbetrieb der DDR, ein sozialistisches „Kulturexportgut“. Durch diesen Sonderstatus können sie Engagements im Ausland wahrnehmen. Oft wurden diese Reisen als Chancen zur Flucht genutzt. Von „Flucht“ wird in IN BEWEGUNG BLEIBEN allerdings kaum gesprochen. Vielmehr reden Ghazis Protagonist*innen vom „Weggehen“, vom „Wegbleiben“ oder vom „Dortbleiben“. Als müsste es noch immer in aller Heimlichkeit stattfinden. Als müssten sie immer noch darauf achten, was sie sagen, weil die Stasi am Nebentisch mithören könnte. Gehen oder bleiben? Wer gehen will, sieht sich mit einer übergroßen Lebensentscheidung konfrontiert, deren Tragweite für Menschen, die nicht in der DDR lebten, nicht immer in ihrer Gänze nachvollziehbar ist. (Madlen Feuerriegel)… >>>

  • Dauer: 120 Min.
  • Regie: Salar Ghazi