Die Kafka-Konferenz, oder: Dubček geht baden
Der Dokumentarfilm DIE KAFKA-KONFERENZ behandelt den Reformsozialismus in der Tschechoslowakei, den „Prager Frühling“. Im Fokus stehen die als Wegbereiter*innen geltenden Schriftsteller*innen und Künstler*innen. Die titelgebende Konferenz findet 1963 auf Schloss Liblice in der Tschechoslowakei statt. Dort debattieren Referent*innen aus Warschauer–Pakt– Ländern, sowie aus Österreich und Frankreich, über unterschiedliche Deutungen von Franz Kafkas Werk aus marxistischer Sicht. Viele von ihnen fordern, Kafka auch in den kommunistischen Ländern zu publizieren, wo er bis dahin verpönt war. Diese Forderung wird verknüpft mit einer allgemeinen Kritik, nicht nur an der Kulturpolitik, sondern auch am Stalinismus und seinen Überbleibseln: Die von Kafka beschriebene Entfremdung gebe es auch noch im Sozialismus und sie habe im Stalinismus sogar erschreckende Ausmaße angenommen. Das Filmteam interessiert sich für den Prager Frühling als historisches Phänomen und aufgrund seiner fortdauernden Relevanz in der Gegenwart. Zeitzeug*innen veranschaulichen den Demokratisierungsversuch anhand persönlicher Berichte. Die Filmemacher*innen trafen tschechische und slowakische Aktivist*innen, die aktuell für Demokratie kämpfen und grenzübergreifend auf die Möglichkeit von Systemveränderung aufmerksam machen wollen. So wird auch der Bogen zu aktuellen Protestbewegungen gespannt, wie sie in der Slowakei durch die Ermordung des Journalisten Ján Kuciak und in Tschechien durch die Korruptionsvorwürfe gegen den Ministerpräsidenten Andrej Babiš ausgelöst wurden. Der Film DIE KAFKA-KONFERENZ erinnert an die Macht der öffentlichen Meinung und weist darauf hin, wie bedroht Meinungsvielfalt, Kunst- und Pressefreiheit waren und sind. Der Film hat den Hessischen Filmpreis 2021 in der Kategorie Hochschulabschlussfilm gewonnen. (Constance Hahn)… >>>
- Dauer: 145 Min.
- Regie: Tobi Sauer