Persona Perpetua

Zu Beginn hallen klagende Hilferufe aus dem Dunkel ins Kino. Die alte Frau, die so bitterlich um Hilfe fleht, ist die 95-jährige Großmutter von Javier Bellido Valdivia, bildender Künstler und Regisseur dieses Porträts, das so poetisch wie schockierend ist, in seiner radikalen Intimität. „Das Studium der Krankheitserfahrungen kann uns allen etwas über den Zustand des Menschen beibringen“, formuliert eine Texttafel die Agenda des Films – und es ist ein minutiöses Studium der Krankheit, das er uns anbietet. Suchend erkundet die Kamera eine Lebenswelt, die durch die Alzheimer-Erkrankung der 95-Jährigen auf ein paar Quadratmeter Wohnung zusammengeschrumpft ist. Hier verbringt sie ihre letzten Tage und zu Beginn des Films lassen die Bilder befürchten, dass ihr Ende unmittelbar bevorstehe. Doch je weiter der Film fortschreitet, desto mehr lernt man die Schwankungen im Zustand der Protagonistin kennen, desto deutlicher lassen sich auch Routinen, geordnete Abläufe im dauerhaften Ausnahmezustand des Zerfalls erkennen und es zeigt sich, wie sehr er sich auf die Realität seiner Protagonistin einlässt: zwischen Klarheit und Dämmerung. Wenn das Vergessen die einzige Konstante ist, dann werden zeitliche Zusammenhänge prekär. PERSONA PERPETUA ist ein radikales Kammerspiel in einer hermetischen Welt, in der die Zeitlichkeit anderen Gesetzmäßigkeiten folgt. Jeder Moment scheint losgelöst vom vorangegangen und in dieser Situation kommt den noch wirkmächtigen Routinen eine essentielle Bedeutung zu: Gebete und Gedichte, die wenigen, immer gleichen übrig gebliebenen Formulierungen und Handlungen sind die letzten Anker zu einer Vergangenheit, die immer weiter ins Dunkel taucht. (Jens Geiger)

  • Dauer: 103 Min.
  • Länder: Peru
  • Sprache: Spanisch
  • Untertitel: Englisch
  • Produktionsjahr: 2020
  • Premiere: Deutschlandpremiere

  • Regie: Javier Bellido Valdivia
  • Produktion: Javier Bellido Valdivia
  • Sound: Paula Chavez