2004 erhält Jelinek den Nobelpreis für Literatur. „Wenn Literatur eine Kraft ist, die auf nichts Rücksicht nimmt, so sind Sie heute eine ihrer wahrhaftigsten Vertreterinnen“ heißt es in der Würdigung, bei der Jelinek nicht anwesend ist. Sie hat den Rückzug angetreten aus der Öffentlichkeit, denn Empörung und Missgunst beherrschen die Reaktionen auf den Preis, zuallererst in ihrer Heimat Österreich, wo die Halbjüdin aus „zweigeteiltem Elternhaus“ seit langem als Nestbeschmutzerin und Vaterlandsverräterin beschimpft wird. 1995 untersagte sie allen österreichischen Theatern, ihre Stücke aufzuführen. Woher ihr Widerstandsgeist kommt, aber auch die Neigung zum `Zeigen der Wunde´, erzählt der Film, ohne psychologisch zu werden, was Jelinek nicht entspräche, aus ihrer eigenen Perspektive. Möglich ist das, weil es unzählige Interviews und Porträts der modebewussten Autorin gibt. So erfahren wir reich bebildert und in einer Melange aus O-Tönen und Texten, interpretiert von namhaften Schauspieler*innen, wie sie zur anarchischen Sprachspielerin wurde. Wie zur Kämpferin mit der Sprache als Waffe gegen die Herrschenden (weißen Männer) im Namen der politisch und der sexuell Unterdrückten (Frauen). Erst Klassenkampf, dann Geschlechterkampf, dann Kampf gegen das Vergessen, Verschleiern, Schönreden vor allem in ihrem Heimatland. „Österreich, die verfolgende Unschuld – etwas absolut Groteskes.“ Fast eine „soziale Plastikerin“ sei sie, deren Aufgabe es ist, Alltagsdinge, auch Politik auf ein literarisches Podest zu heben, wie im Museum, „auch so lächerliche Typen wie Strache“, damit sie gesehen werden. Der Montage-Film zeigt mithin die Ambivalenz Jelineks, die die Angst vor den Blicken der anderen mit Zurschaustellung der eigenen Person bekämpft. Sie will gesehen, d.h. verstanden werden, und kommentiert resigniert: „Mir ist klar geworden, wenn man die eigenen Sachen erklärt, dass man sie schwächt dadurch. Und jetzt erklär ich nichts mehr“. (Livia Theuer)