Nuclear Family

Grasland erstreckt sich bis zum Horizont, davor ein Metalldrahtzaun und ein Gatter mit dem Schild: „Keep Gate closed.“ Eine Frau spricht zur Kamera: „We just thought we’d stop to see one of the missile silos… I know, I can sleep better tonight, knowing that that missile is in the ground to protect me, by holding a million commies at bay.“ In seiner Kindheit ist die Mutter des Filmemachers Travis Wilkerson so besessen vom Gedanken an einen Atomkrieg, dass er irgendwann Alpträume davon bekommt. Bevor er fürs College wegzieht, filmt er einen Familienausflug zu den Nuklear- Raketen-Silos im Innern des Landes – danach sind die Alpträume verschwunden, bis sie kurz nach Donald Trumps Amtsantritt, über 30 Jahre später, zurückkehren… Um sie zu vertreiben, unternimmt er, diesmal mit seiner Frau Erin und den gemeinsamen Kindern, erneut eine Reise in Amerikas mittleren Westen. Diese entwickelt sich zu einem Roadtrip ins Herz der US-amerikanischen Geschichte. Durch GPS- Daten markiert, entfaltet sich eine Topographie des Terrors, denn unter der weiten grünen Landschaft verbergen sich Schauplätze von Genozid, Umweltkatastrophen und Vernichtung: So war u. a. White Sands, New Mexiko, Atomwaffen- Testgelände und ist Rocky Flats, Colorado – bis 1992 Produktionsstätte für Kernwaffen-Teile und Lager plutoniumhaltiger Abfälle – jetzt ein Naturschutzgebiet. In Montana macht die Familie Halt in Big Hole, Schauplatz des Massakers der US-Armee von 1877 gegen den indigenen Stamm der Nez Percé und in Berkeley Pit, einer ehemaligen Kupfermine, die mit Chemikalien verseucht ist. Dazwischen erzählt NUCLEAR FAMILY vom Sommerurlaub der „Kernfamilie“: Minigolf spielen mit den Kindern, ein Picknick auf einer riesigen Dune, während der Filmemacher den Sand mit einem Geigerzahler testet und Erin Wilkerson dazwischen, die Pflanzen in invasive und heimische Spezies einteilt – Wie sagt seine Mutter zu Beginn des Films so treffend: „It’s great to be on vacation, isn’t it?“ (Carolin Ernst)… >>>