junges dokfest – Programm 6: Tonspuren


(BALi, KulturBahnhof Kassel)

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Spätestens seit der Durchsetzung des Tonfilms ist das Kino ein audiovisuelles Medium. Seine Mittel liegen in Bildern und Tönen; eine Kunst, die Sehen und Hören gleichermaßen fokussiert. Das Programm versammelt sieben Arbeiten mit unterschiedlichen Zugängen zur Arbeit an der Tonspur, als Zeugnis oder Dokument, als Intervention in verschiedenen Weisen Bild und Ton in Beziehung zu setzen, als wechselseitige Erhellung oder Herausforderung. Zusammen reflektieren sie den Klang der Welt und die Wahrheit, die im Hören liegt. (Sebastian Markt)

Murmur

Tonlos, in den Untertiteln vor schwarzem Bild setzen essayistische Überlegungen ein. Sie beginnen bei einer Kindheitserinnerung, dem Gewahr- Werden, dass das, was die Erzählerin früher für das anheimelnde Geräusch von Stille hielt, tatsächlich das entfernte Rauschen einer Autobahn war. Der Film führt die Überlegungen zum Klang der Welt und unseren Einordnungen in einem Koordinatensystem von Natur und Technik fort, in Tonbildbeobachtungen von ländlichen und städtischen Orten. Von Vögeln, die Telefonklingeln nachahmen ist zu lesen, und Vogelstimmboxen die Naturerleben simulieren. Im Zusammenspiel mit den Reflexionen der Filmemacherin und Sounddesignerin Katharina Pichler, die in den Untertiteln weiterlaufen, tauchen wir in Geräuschlandschaften der Moderne ein, und was wir für Still oder Lärm halten, erscheint in neuen Blickwinkeln.… >>>

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  • Dauer: 10 Min.
  • Regie: Katharina Pichler

IMAGININGS Poetic Self Portraits

Eine Sprache muss nicht zwangsläufig Schrift und Laut sein, hier besteht sie aus Gesten und Bewegungen: Die Mitglieder des Performance Kollektivs Kitchen’s Light slamt mit den Händen und Armen: Sechs gehörlose Menschen erzählen in Gebärdensprache von Marginaliserungserfahrungen, geben ihrem Erleben einer Welt die für Hörende eingerichtet scheint, ihrer Wut und ihren Hoffnungen Ausdruck. Der Film montiert seine Bilder im fliesenden Rhythmus ihrer Bewegungen, reimt nach Bewegung statt nach Klang und schafft zu den Erzählungen seiner Protagonist*innen das Bild einer Welt, in der die dominierende Ordnung von Möglichkeiten und Anpassungserwartungen aufgehoben ist.… >>>

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  • Dauer: 13 Min.
  • Premiere: Europapremiere
    • Regie: Anja Hiddinga

    Heseovo’eo’he’e (Sand Creek Massacre)

    Eine Prärielandschaft im amerikanischen Westen, durchzogen von einer Bahnstrecke, ein einsames Tipi in der schroffen Weite, Gedenkversammlung am historischen Ort. In der Stadt: ein Denkmal das dem Pioniergeist huldigt, die steinerne Monumentalarchitektur eines Regierungsgebäudes, ein Demonstrationszug junger Indigener, Straßenschilder, die die Namen indigener Gruppen tragen. 1864 verübten US-amerikanisches Kavallerie Truppen ein Massaker, bei dem mindestens 200 Angehörige der Cheyenne getötet wurden. Elleni Sclavenitis’ Film montiert Bilder, die von umkämpfter Geschichte zeugen: an unmarkierten Orten und gelebter Praxis, in expliziten Denkmalern und der impliziten Geschichtsanrufung städtischer Architekturen. Dagegen stehen auf der Tonebene die individuelle Stimme und mündliche Überlieferung eines Nachkommen der Opfer des Massakers.… >>>

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    • Dauer: 5 Min.
  • Premiere: Weltpremiere
    • Regie: Elleni Sclavenitis

    Espectro Restauración

    Das Pantanal, ein südamerikanisches Feuchtgebiete wird, auch in Folge agrarkapitalistischer Aktivitäten in den letzten Jahren häufig der Schauplatz von Waldbranden. Man könnte sagen, dass ESPECTRO RESTAURACION eines dieser Feuer „zeigt“. Er tut dies aber nicht in scheinbar unmittelbaren Bildern brennender Bäume. Zu sehen ist ein Spektrogramm: die bildliche Darstellung der Frequenzbereiche eines Geräusches, der Geräusche des brennenden Waldes. In den Frequenzbereich wird ein Schriftzug eingeschrieben, ein Satz aus der Ecuadorianischen Verfassung, die der Natur fundamentale Rechte einräumt. Dort wo die Buchstaben die Geräusche des brennenden Waldes verdecken, werden Vogelgezwitscher und andere Tierlaute eines unzerstörten Waldes hörbar. Die Übertragungen und Rückübertragungen zwischen Sehen und Hören, zwischen Ton und Bild reflektieren unser Verhältnis zur Natur.… >>>

    • Dauer: 7 Min.
  • Premiere: Deutschlandpremiere
    • Regie: Felippe Mussel

    Sound of Chewing Leaves

    Das Geräusch von Blatter kauenden Kühen habe ihm immer guten Schlaf beschert, sagte der Großvater des Filmmachers. Weit weg von seinem bhutanischen Zuhause macht sich der Filmstudent Suraj Bhattarai auf die Suche nach Stille. In der Brüsseler Urbanität ist sie schwer zu finden, stattdessen hört er Geschichten anderer Leute. Die Kamera fängt ein, was sich dem Blick anbietet, während er mit zufälligen Bekanntschaften, die die Stadt möglich macht, auf Platzen steht, und Parkbänken sitzt, Stimmen tragen Erzählungen von anderswo ins Bild und manchmal führt die Suche nach Stille zur Musik.… >>>

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    • Dauer: 13 Min.
  • Premiere: Weltpremiere
  • Nominierung: A38-Produktions-Stipendium
    • Regie: Suraj Bhattarai

    Shnei anasim yagiu, im balonim (Two People Will Come, with Balloons)

    Während sie zusammen mit anderen Familienmitgliedern im Krankenhaus wartet, während ihre Mutter operiert wird, greift Hadas Neuman zur Kamera, und beginnt kleine Beobachtungen zu filmen. In der Montage fügt sich den Bildern ein Offkommentar hinzu, der das dokumentierte Geschehen zwischenmenschlicher Begegnungen und komischer Miniaturen als Folgen von Regieanweisungen erscheinen lässt. In einer Situation existentieller Angespanntheit führt die Regisseurin eine filmische Operation die sich gegen das Schicksal aufbäumt, und der Ohnmacht einen augenzwinkernden Moment von Gestaltung der Welt entringt.… >>>

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    • Dauer: 11 Min.
  • Premiere: Europapremiere
    • Regie: Hadas Neuman

    Ori Mi Agbe

    Iyunade Judah, ein aus Nigeria stammender, in Kanada lebender Künstler und Fotograph nennt seinen ORI MI AGBE „einen experimentellen Film über Halluzinationen, Schicksals-Gebete und ihre Verbindung zu Blackness“. Wir sehen: Fragmentarische Bilder Schwarzer Menschen, in gewöhnlicher Straßenkleidung, in bunten, fantasievollen Kostümen. Bilder die sich einem weisen, europäischen Blick nicht ohne weiteres erschließen. Wir hören: einen rhythmischen, sich wiederholenden Sprechgesang auf Yoruba, einer Sprache, die hier nur wenige verstehen. Diese offenbaren zugleich eine Kluft des Verstehens, die auf die Gewalt des Kolonialismus verweist.… >>>

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    • Dauer: 4 Min.
  • Premiere: Weltpremiere
    • Regie: Iyunade Judah