Aftermath
Der bildgewaltige und sprachlich poetische Essay, den Mike Hoolboom in AFTERMATH entlang von vier Künstler/innenbiografien entwickelt, regt nicht nur die Frage an, was Geschichte ausmacht, sondern auch die vielleicht noch größere Frage, was das Menschsein ausmacht. Hoolboom tastet sich an die Vorstellung, dass der Mensch aus seinen Interaktionen mit anderen und mit seiner Umwelt besteht, sukzessive und episodenweise heran: Wir begegnen dem Jazzpianisten Fats Waller und seiner Musik in alten Aufnahmen, aber auch in neuen Bildern aus New York, dann erleben wir im Filmmaterial von Hans Namuth aus den 1950ern, wie Jackson Pollock auf dem Land ein Drip Painting erschafft, wohnen Janieta Eyre's sensiblen, performativen wie fotografischen Grenzgängen zwischen Leben und Tod bei und tauchen schließlich in ein überbordendes, animiertes Mosaik aus Versatzstücken des Überlebenskampfes der unvergesslichen Mexikanerin Frida Khalo ein.
In einem Interview fragte Hoolboom kürzlich: “Isn’t what we call ‘history’ a gathering of nearly infinite and incomprehensible storm fragments from long ago, run through the lens of the present, of what is urgent and vital and useful here and now?” (Interview mit Jamie Dunn, The Skinny vom 01.05.2018) – In AFTERMATH spiegelt sich die Individualität und kulturelle Prägung der Portraitierten in der jeweils einzigartigen Stimmung der aufeinander folgenden und verbundenen Episoden, die Abgrenzung und Benennung einzelner Personen fällt dagegen zunehmend schwer. Hoolbooms audiovisuelle Collage, die teilweise mit Originalauszügen aus Tagebüchern der Künstler/innen in der Ich-Form unterlegt ist, beschwört einen kollektiven künstlerischen Geist herauf, der nicht an die Dimensionen eines Körpers oder einer Lebensspanne gebunden ist. Im Genre der Filmbiografie setzt Hoolboom damit einen neuen, experimentell-philosophischen Ton.… >>>
- Dauer: 75 Min.
- Regie: Mike Hoolboom