Diese süße Wiese
Karim Aouaj El Kasmi ist Künstler mit marokkanischen Wurzeln und lebt in Duisburg. Er lebt von der Hand in den Mund im Dreck seines eigenen Mülls und muss irgendwoher 540 Euro kriegen, damit er nicht in den Knast geht. Eine Milieustudie? Nicht lange, denn die Figur zieht uns in ihren Bann: Wir begleiten Karim in seinem Alltag zwischen der Organisation des nächsten Minijobs, ohne Anmeldung natürlich, dem eigenen Kampf gegen die Alkoholsucht und seiner letzten Überlebensstrategie angesichts der Infektion: Sich gesund zu ernähren. „Die sagen alle, Du musst die Mitte finden, die Ärzte sagen, Du musst die Mitte finden, der Chris Korda sagt, der hat nur die Mitte – also, ich weiss nicht, die Mitte, ob die mir gefällt, das weiss ich nicht. Ich mag Extreme, ich muss nur ruhig werden.“ Die präzise Handkamera von Jasmin Preiß ist dabei, wenn Karim in der Zugtoilette Klopapier mitgehen lässt, wenn er am verdreckten Herd sein Essen kostet oder sich in Marokko am Meer in die Wellen stürzt. Zwischen den kleinen Dingen des Alltags treibt Karim eine viel größere existentielle Not, in der ihm die Kamera Begleiterin, Unterstützerin, Dialogpartnerin ist – offen für alles ohne emotionale Wertung oder moralisches Urteil. Immer wieder neu verhandelt der Protagonist mit Jasmin Preiß und ihrer Kamera die situationsbedingten Grenzen: Was wird gefilmt, wann greift man ein, wann schaltet man aus. Privatsphäre ist ein weites Feld, und wenn sie sich ganz weit öffnet, alles hinein und wieder herausströmen kann, wird daraus eine süße Wiese – vielleicht.… >>>
- Dauer: 71 Min.
- Regie: Jasmin Preiß