Ortswechsel und Zeitreisen, Perspektivwechsel und männliche Leerstellen. Das Programm
führt uns in diesem Sinne nach Österreich, Nepal und Korea; in andere Wirklichkeiten und
zersplitterte Vergangenheiten. Dabei ziehen Frauen unterschiedlicher Generationen Bilanz: Über
ihre Rollen innerhalb der Familien und patriarchalischer Gesellschaften sowie ihre Verbundenheit
zur Natur. In der Zusammenstellung werfen die Kurzfilme auch filmische Fragen auf und verfolgen
im besten Sinne klassisch oder mittels Animationstechniken einen dokumentarischen Anspruch.
(Carsten Siehl)
Hedi verhält sich seltsam. Zur Verwunderung ihrer Enkelin erscheint sie nackt zum Frühstück. Doch sie trägt ihre ausgetretenen roten Wanderschuhe, mit denen sie sich plötzlich auf eine befremdliche Bergtour in eine andere Wirklichkeit begibt. Kathrin Steinbachers Animationsfilm IN HER BOOTS wirft uns in die Wahrnehmungswelt einer demenzkranken Frau. Wir sehen die Welt mit ihren Augen und erinnern uns an eine zersplitterte Vergangenheit. Abrupte Perspektivwechsel sorgen dafür, dass wir den Halt im filmischen Raum verlieren. Nichts scheint mehr der Orientierung dienlich, bis plötzlich die Stimme der Enkelin hörbar wird. Ein gleichermaßen sensibler und nahezu körperlich fordernder Film über Kontrollverlust, Identität und Empathie.… >>>
Zwei Töchter einer nepalesischen Tamang-Familie bereiten sich auf ein Auslandsstudium vor. Die Hoffnung der Schwestern auf eine positive Veränderung ist genauso groß wie ihre Unsicherheit. Schließlich wollen sie ihre Familie nicht enttäuschen. Mutter und Großmutter, die ein beschwerliches Leben nach alter Tradition führen, bringen Opfer, damit ihre Töchter mit dieser brechen können und dennoch der Familienzusammenhalt gesichert bleibt. Insbesondere in den Erzählungen der Großmutter werden Licht und Schatten ihres Lebens nahezu greifbar, was sich visuell in der souveränen Kameraarbeit wiederfindet. Ein Film über die Bedeutung und Zusammenhänge von Bildung, Familie und weiblicher Emanzipation.… >>>
Alleinerziehend und Mutter – noch immer ein Stigma? Was bedeute es, als geschiedene und berufstätige Frau im patriarchalisch geprägten Südkorea allein eine Tochter großzuziehen? Die Filmemacherin und ihre Mutter begeben sich im Gespräch auf eine emotionale Reise in die Vergangenheit und hinterfragen zugleich vorherrschende Familienleitbilder sowie gesellschaftliche Erwartungshaltungen an das Frau- und Muttersein. Dabei entfaltet die Animation auf der Bildebene in reduziertem, doch expressivem Kohlestrich ihre ganz eigene Kraft. Während sich die Mutter in Gestalt eines ruhelosen Tigers im männerdominierten Gastronomiegewerbe unablässig behaupten muss, versucht sich die Tochter aus ihrer Rolle des stumm beobachtenden Büffels zu befreien.… >>>