VORWORT AUS DEM KATALOG DES 37. KASSELER DOKFESTES 2020
„zurueckinskino.de“, so lautet die Adresse der Online-Ideenplattform von Kinos für Kinos mit Tipps für kreative Bodenaufkleber zur Einhaltung der Abstandsregeln, zur Kommunikation der Hygieneregeln und dem Einsatz von Mikro-Influencer*innen. Wir verstehen Zurück ins Kino aber als direkte Aufforderung und stellen das 37.Kasseler Dokfest unter dieses Motto. Wir möchten alle film- und kinobegeisterten Menschen ermutigen. Der Kinoraum ist auch während der Corona-Pandemie unter Einhaltung der Abstandregeln ein sicherer Ort und bisher ist kein Fall von Übertragung in Kontext eines Besuches bekannt. Der Filmemacher und Philosoph Alexander Kluge führt in seinen Geschichten vom Kino aus: „Ich halte Kino für unsterblich und für älter als die Filmkunst“, für den Schriftsteller Guillermo Cabrera Infante ist „Kino – ein anderes Wort für Paradies“. Diese Huldigungen kommen aus einer Zeit, als ein monatelanger Shutdown durch eine Pandemie noch nicht denkbar und die Verstärkung von Unsicherheiten durch die ewiggleiche Wiederholung in Onlinemedien und Social Media noch nicht machbar war. Die Kinobranche erlebt nicht ihre erste Krise, ist aber nun auf breiter Basis in ihrer Existenz gefährdet. Die zahlreichen Hilfen reichen für den Moment aus und sichern das temporäre Überleben ab. Aber sollte es nicht gelingen die Angst vor einem Kinobesuch zu nehmen, dann wird es langfristig den Ort Kino nicht mehr geben, oder wie Lars Henrik Gass – Leiter der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen – die Entwicklung zuspitzt: „Filmkultur wird nur im Museum überleben, das Museum aber kann ein Kino sein oder ein Online-Angebot.“ Der eingeschränkte Kinoraum der Kasseler Programmkinos wird im Internet um 300 zusätzliche Plätze pro Film erweitert. Das bundesweit abrufbare Onlineangebot DokfestStreams wird die Möglichkeit bieten, Filme nach deren ersten Präsentation im Festivalkino für 6 Tage von zu Hause aus – gegen eine entsprechende Bezahlung – abzurufen. Xavier Henry-Rashid erläuterte in einer der zahlreichen Zoom-Debatten des Hauptverbandes Cinephilie den Begriff „FAIRtrade for FILMmakers“, der die Haltung des Kasseler Dokfestes sehr treffend beschreibt. So zahlt das Festival seit Beginn der 90ger Jahre für jeden Film im regulären Programm eine Leihmiete und lädt nach Möglichkeit alle Filmemacher*innen nach Kassel zur persönlichen Präsentation ein. Diese Form der Wertschätzung haben wir nun auch in den virtuellen Raum im Rahmen von DokfestOnline übertragen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, die Filmemacher*innen und ihr Werk nicht zu „entwerten“. Deshalb ist in alle Werke ein Wasserzeichen eingebrannt, die Auflage der verfügbaren digitalen Tickets limitiert und die Verbreitung auf Deutschland beschränkt. Denn nach uns kommen auch noch andere Festivals, die diese Filme zeigen wollen und die Verwertung soll auch weiterhin uneingeschränkt in den Händen der Verleiher*innen bzw. der Rechteinhaber*innen liegen. Mit DokfestStreams müssen wir uns als Festival nicht neu erfinden, sondern ermöglichen die Teilhabe für alle die, die nicht kommen können oder wollen, oder an der Kinokasse aufgrund des eingeschränkten Kinoraums kein Ticket mehr erwerben können. Der brancheninterne „Salon – Zukunft deutscher Film“ betrachtet darüber hinaus aus einer diskursiven Perspektive die grundsätzliche Frage: Wohin mit dem Dokumentarfilm im Zeitalter digitaler Plattformen? Das Erscheinungsbild des 37. Kassler Dokfestes weckt auf den ersten Blick direkte Assoziationen an das Foto „Blue Marble“. Diese Ikone wurde 1972 von der Besatzung der Apollo 17 aufgenommen und danach von zahlreichen Umweltschutzbewegungen als Sinnbild für die Verletzbarkeit und Einzigartigkeit unseres Planeten adaptiert. Bei genauer Betrachtung entpuppt sich das Objekt als schöne Illusion mit einem „Mirror Glaze“. Dieser Begriff wird gewöhnlich als englische Übersetzung für eine Spiegelglasur von Torten und Gebäck verwendet. Der entstandene Spiegelglanz symbolisiert auf der einen Seite das Streben nach Perfektion und Unversehrtheit, und auf der anderen Seite wird diese Oberfläche immunisiert gegen jede Form von Kritik und Risiko. Zahlreiche Einschätzungen und Meinungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie bleiben an einer bestimmten Oberfläche kleben und sie blenden zum Beispiel aus, dass es Menschen gibt, die kein Zuhause haben und somit nicht in eine häusliche Quarantäne können. Oder dass Einsamkeit zur Realität vieler Menschen gehört und ein Kontaktverbot diese bis zur Unerträglichkeit verschärft. Das Ausbleiben vertiefender Diskussionen und genauerer Analysen schürt Befürchtungen, fördert die Entwicklung von Fake News und kann letztendlich in den wirren – nicht selten antisemitischen, rechtspopulistischen und faschistischen – Thesen von Verschwörungsgläubigen münden. Mit den 223 Kurz- und Langfilmen möchten wir die Möglichkeit geben inne zu halten, die oftmals verkürzten Argumentationsmuster zu durchbrechen, ihnen den Spiegel vorzuhalten und unter die Oberfläche zu schauen, unter der es brodelt. Einige Arbeiten – auch der Ausstellung Monitoring – nehmen dabei direkt Bezug auf die Corona-Pandemie. Die Installation TERRARISTA TV ist eine direkte Reaktion auf den Rundgang der Kunsthochschule Kassel, der im Sommer nicht stattfinden konnte. Der Künstler Mazen Khaddaj reagiert mit einer Tanzperformance auf die Leerstellen während seiner Teilnahme an der Pilotenkueche (Kunstprogramm in Leipzig) und die Filmemacherin Flora Weber wählt als Titel ihres Films die im April 2020 kolportierte Behauptung, Delfine würden wegen des Ausbleibens von Tourist*innen wieder durch die Kanäle von Venedig schwimmen. Angesichts der Corona-Pandemie verlagert das Kasseler Dokfest einen Teil des Festivals in das Internet, wie etwa die Workshop-Fachtagung interfiction. Der Hessische Hochschulfilmtag hatte ausreichend Platz im ruruHaus gefunden, wird nun aber auch online abgehalten und die DokfestLounge wandelte sich in die DokfestConnection und findet nun online statt. Die anderen Sektionen finden in an die Zeit angepasster Form statt: die Medienkunstausstellung Monitoring verzichtet auf die „klassische“ Eröffnung und bespielt den KulturBahnhof und den Kunstverein, unter dem Titel LOG IN : 17 Years Archives of OK.Video Festival Indonesia findet im ruruHaus eine Kooperation mit der documenta fifteen statt, die Präsentationen des DokfestForums werden voraussichtlich parallel zur Präsentation vor Ort gestreamt und für die Teilnahme an der kostenfreien Open-Air Veranstaltung „A Wall is a Screen“ ist eine vorab Online-Registrierung notwendig. Das junge dokfest hat sich neu aufgestellt und bietet neben dem Filmprogramm und Workshops auch pädagogisches Begleitmaterial zum Download an. Wir freuen uns auf die Begegnung und den Gedankenaustausch mit den Filmemacher*innen und Künstler*innen, die zur persönlichen Präsentation ihrer Werke anwesend sein werden. Unser herzlichster Dank gilt den zahlreichen Förderern, Sponsoren, Partnern und Unterstützer* innen, sowie den zahlreichen Spender*innen, die das Kasseler Dokfest in diesen schwierigen Zeiten mittragen und erst ermöglichen sowie allen Mitarbeiter*innen, die innerhalb kurzer Zeit die neuen Herausforderungen kreativ und mit Leidenschaft bewältigt haben. Liebe Besucher*innen, schauen sie genau hin, lassen sie sich vom schönen Schein nicht blenden. Graben sie gerne auch unter der Oberfläche. Wir wünschen Ihnen und uns beim 37. Kasseler Dokfest – ob nun in realer Gegenwart oder virtuell – vielfältige Anregungen, interessante Begegnungen und auch viel Vergnügen.
Liebe Freundinnen und Freunde des Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes,
„Zurück ins Kino!“ lautet das Motto des 37.Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes. Es ist eine Einladung, das kulturelle Leben während der Pandemie wieder neu zu entdecken und zu genießen. Das Kasseler Dokfest zeigt, wie man engagiert und verantwortungsvoll ein Festival auf die Beine stellen kann. Dies in einer Zeit, die für alle Kulturschaffenden eine Herausforderung ist und in der wir Kulturveranstaltungen als einen elementaren Bestandteil unseres Zusammenlebens und unserer Lebensqualität zeitweise schmerzlich vermissen mussten. So laden die Veranstalter Filme-macherinnen und Filmemacher, sowie Künstlerinnen und Künstler nach Kassel ein, um Begegnungen und Austausch mit dem Publikum zu ermöglichen. Das bundesweit abrufbare Zusatzangebot „DokfestOnline“ ist eine der Lösungen, wie trotz coronabedingt eingeschränktem Kinoraum alle Interessierten das Kasseler Festival verfolgen können. So freuen wir uns auf das diesjährige Festivalprogramm, das sich einmal mehr gesellschaftlich relevanten und aktuellen Themen widmet und unter anderem die Premiere eines Films von Raymond Ley über den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke sowie Dokumentationen zur jüdischen Vergangenheit und Gegenwart zeigt. ENDLICH TACHELES beispielsweise ist ein Film über einen jungen Mann, der sich selbst als „unjüdischster Jude der Welt“ bezeichnet und der versucht, das Trauma der Generationen vor ihm mit Hilfe eines selbst entwickelten Computerspiels zu überwinden. Die Regisseurin Sharon Ryba-Kahn erzählt in ihrem Abschlussfilm DISPLACED hingegen eindringlich von ihren Gefühlen als Jüdin in Deutschland und über ihr Verhältnis zu ihrem Vater, der in Israel lebt. Als Vertreterin der Enkelgeneration von Holocaust-Überlebenden will sie nicht vergessen, sondern vielmehr durch Nachforschen so etwas wie einen familiären Heilungs-versuch unternehmen. Es sind Filme, die deutlich machen: Vergessen hilft nicht, um Wunden heilen zu lassen und eine Wiederholung von Geschichte zu verhindern. Eine Besonderheit des Kasseler Dokfestes ist es auch, dass es das regionale Film- und Medienschaffen abbildet. Es sind 3 Installationen in der Ausstellung Monitoring sowie 29 nordhessische Produktionen auf Leinwand zu sehen. 15 der Filme konkurrieren um die Auszeichnung „Goldener Herkules“. Die diesjährige Preisverleihung findet übrigens im „ruruHaus“ der documenta fifteen statt. Die Videokunst-Abteilung des Künstlerkollektivs ruangrupa, das die documenta im Jahr 2022 leiten wird, präsentiert dort zudem Videos und Vorträge aus dem Archiv des OK.Video Indonesian Media Art Festivals. Freuen wir uns auf ein wiederum besonderes Film- und Medienfestival, das ohne die feste Verwurzelung und die partnerschaftliche Vernetzung in Kassel, Nordhessen und der Welt nicht zu verwirklichen wäre. Herzlichen Dank den engagierten Veranstaltern, den vielen Sponsoren und privaten unterstützern, die das Festival ermöglichen! Allen Besucherinnen und Besuchern – mit Abstand – viel Freude und Inspiration!
Liebe Freundinnen und Freunde des Kasseler Dokfestes,
das Kasseler Dokfest ist eng mit der hessischen Filmszene verwoben: Hier werden jedes Jahr relevante Arbeiten der Film- und Medienschaffenden des Landes gezeigt; im vergangenen Jahr zum Beispiel drei der sechs nominierten Arbeiten in den Kategorien Kurz- und Dokumentarfilm des Hessischen Film- und Kinopreises 2020. Hier wird in fachlich hervorragenden Branchentreffen die Zukunft des deutschen Films diskutiert. Und hier wird allen Freundinnen und Freunden des Films die Magie der großen Leinwand erfahrbar gemacht. Das gilt vor allem für ein junges Publikum: Mit der Hilfe der Hessen-Film und Medien GmbH konnte das „junge dokfest“ in diesem Jahr seine Pläne zur Filmbildung in Zusammenarbeit mit hessischen Schulen und Jugendzentren weiter ausbauen. Mit einem neuen Team und frischen Ideen wird dieses Jahr neben den eigens erstellten Filmprogrammen in den Festivalkinos auch pädagogisches Begleitmaterial von Filmvermittler*innen zur Verfügung gestellt. Das Kasseler Dokfest ist auch mit der Universitätslandschaft in Kassel eng verbunden. Das zeigt sich in vielen Kooperationen mit verschiedenen Fachbereichen der Universität Kassel, die ohne das oft außergewöhnliche Engagement von einzelnen Hochschullehrer*innen nicht denkbar wären. Um diese Verbundenheit zu würdigen, zeichnet das 37.Kasseler Dokfest die emeritierte Professorin für Kunstgeschichte und freie Kritikerin Ursula Panhans-Bühler für ihren unermüdlichen Einsatz in Verbindung mit Austauschprogrammen, Ausstellungen und der Förderung und Betreuung von Film- und Kunststudierende mit dem Ehrenpreis aus. Dazu gratuliere ich ebenfalls herzlich! Außerdem können sich die Studierenden auf den Hessischen Hochschulfilmtag freuen, bei dem sie ihre Projekte der Filmbranche präsentieren und Kontakte knüpfen können. In einem Jahr wie diesem sind Rücksichtnahme und Inklusion wichtiger denn je. Wir müssen verantwortlich mit der Pandemie umgehen, ohne einzelne Gruppen auszuschließen. Daher freut es mich, dass das Kasseler Dokfest zusätzlich das Angebot DokfestOnline geschaffen hat, mit dem die Kinofreundinnen und -Freunde bundesweit eine Vielzahl der Festivalfilme von zu Hause aus abrufen können. So ist es erstmals möglich, über die Grenzen Kassels hinaus das Programm des Kasseler Dokfestes zumindest vor dem Bildschirm mitzuerleben. Ich wünsche den Veranstalter*innen und Besucher*innen ein gelungenes Filmfest und interessante neue Einblicke in das Filmland Hessen!
Die Zukunft der Zukunft.
Mittlerweile sind wir alle mit der Frage beschäftigt, wie die Zukunft aussieht. Gesucht wird nach neuen Formen, um unseren Alltag so zu gestalten, dass er für alle wieder funktioniert wie vorher. Doch wieso wollen wir möglichst nah an den Zustand von vorher, wenn wir einen Anlass be-kommen, mal richtig nach vorne zu schauen? Denn in der Realität einer Pandemie erkennen wir schnell, dass die alltäglichen Konventionen und sozialen Strukturen, die all unsere Verhaltens-weisen bestimmen, leiten und ihnen einen Sinn geben, Vereinbarungen sind, die weniger solide sind, als wir vielleicht gedacht haben. Also ist jetzt die Zeit, um unsere Zukunft neu zu denken und somit auch der Moment, das aktuelle Denken über den Wert von Kunst kritisch zu hinterfragen und aus Sicht der Künste zu einer Reihe neuer Definitionen und anderer Vorgehensweisen zu kommen. Somit richtet sich eine kritische Hinterfragung auch an die Haltung des Kasseler Kunstvereins der Gesellschaft gegenüber. Der Kunstverein soll insbesondere einen demokratischen, integrativen und heterogenen Raum bieten, der zum kritischen Dialog über Vergangenheit und Zukunft einlädt. Denn wir erleben die Tendenz, dass ein Haus der Kunst kein Tempel mit striktem, durch weiße Maskulinität geprägtem Regelwerk mehr sein kann, sondern sich als dynamischer Treffpunkt ständig in Bewegung weiß. Mit dem Ziel, heutige Konflikte und Herausforderungen zu erkennen, ihnen zu begegnen und zu vermitteln. Ein willkommener Weg, wie sich der Kasseler Kunstverein diesen kritischen Hinterfragungen immer wieder stellt, ist neben seinem eigenen Ausstellungs-programm jährlich auch die mittlerweile etablierte Medienkunstausstellung zum Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest – Monitoring. Das Ausstellungsformat hat sich über fünfzehn Jahre hinweg zu einer wichtigen Plattform für Medienkünstler*innen sowohl aus der Region Kassel als auch bundesweit und international entwickelt und verbindet sich dadurch mit dem Anspruch des Kasseler Kunstvereins, genau diese künstlerischen Positionen zu präsentieren. Monitoring zeigt, wie Kooperationen zwischen prägenden Institutionen der Stadt Kassel, wie unter anderem der Kunsthochschule Kassel, dem Kasseler Dokfest und eben dem Kasseler Kunstverein ein Vorbild sein können für gesellschaftskritische Forschung, Talententwicklung und Kulturförderung. Das heißt, wer den Puls der Gegenwart spüren will, wird jährlich beim Monitoring gut bedient.
Liebes Publikum des Kasseler Dokfestes und der Ausstellung Monitoring,
leider kann die diesjährige Ausstellung Monitoring aufgrund der notwendigen Kontaktbeschränkungen zum Infektionsschutz nicht wie geplant im Rahmen des 37. Kasseler Dokfestes stattfinden. Dennoch sei umso mehr an dieser Stelle allen Beteiligten gedankt, die gerade auch unter den aktuell schwierigen Rahmenbedingungen in den zurückliegenden Wochen und Monaten diese Schau mit viel Energie, Aufwand und Enthusiasmus geplant haben, insbesondere dem Team um Ausstellungsleiterin Lisa Dreykluft und Technische Leiterin Kristin Meyer. Ebenso danke ich den Förderern und Sponsoren für Ihre Bereitschaft, sich auch unter diesen schwierigen Bedingungen für die Kultur in Kassel zu engagieren. Gerade jetzt ist die Solidarität mit den Menschen und Einrichtungen in der Kultur und kulturnahen Bereichen essenziell wichtig und wir stehen deshalb an ihrer Seite.
Schauen wir auf die geplante inhaltliche Ausrichtung der Ausstellung, so fällt auf, dass die dort verhandelten Themen wie Deutungshoheit, Rhetorik und Bildsprache von Herrschaft sowie Möglichkeiten des Widerstands, viel von dem aufgreifen und spiegeln, was unser Zeitgeschehen aktuell politisch und gesellschaftlich prägt. Assoziationen zu Begriffen wie „Fake News“, „alternative Wahrheiten“, „Cancel Culture“ oder „Soziale Medien Blasen“ werden künstlerisch reflektiert und bearbeitet. Damit beweist Monitoring einmal mehr ihre zeitkritische Relevanz.
Auch wenn uns aktuell nichts anderes übrig bleibt als aus der inhaltlichen Ausstellungsankündigung überwiegend innere Bilder entstehen zu lassen, so wird doch sehr deutlich, weshalb Kunst und Kultur als Angebot und Anlass zur individuellen und gemeinsamen Reflektion über Anschauungen und Haltungen für unsere demokratische Gesellschaft eine wichtige Rolle einnehmen: Hier können sich vielstimmige Diskurse frei entwickeln und kontroverse Standpunkte ausgetauscht und sogar vermittelt werden. Dadurch werden Offenheit und gegenseitiges Interesse ebenso befördert, wie Respekt und Gesprächsbereitschaft. Das macht Kunst und Kultur zu einer der tragenden Säulen unseres freien, respektvollen und demokratischen Zusammenlebens. Diese Feststellung ist gerade jetzt, wo sich Kultur durch die Schließung aller Institutionen, Häuser, Theater, Museen, Kinos und Clubs in hohem Maße mit unserer Gesellschaft solidarisch zeigt, besonders wichtig. Herzlicher Dank gilt deshalb den Institutionen, Akteur*innen, Besucher*innen und Unterstützer*innen für ihren wertschätzenden, umsichtigen und rücksichtsvollen Umgang miteinander und mit diesem hohen Gut. Diese Wertschätzung ist auch Kompass unserer Arbeit und wird uns auch in den nächsten heraufordernden Wochen und Monaten als Partner und Unterstützer der Kasseler Kultur leiten.
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund
Ihre Susanne Völker
Kulturdezernentin