The Earth Is Blue as an Orange

| The Earth Is Blue as an Orange
Gloria Kino

Fenster werden abgeklebt, die Wand mit schwarzen Tuch abgehängt, der Mülleimer mit Alufolie ausgekleidet und zum Scheinwerfer umfunktioniert – Vorbereitungen für ungewöhnliche Dreharbeiten. Protagonist*innen: Familie Trofymchuk, Mutter mit vier Kindern. Schauplatz: Ihr Heim in Donbas, an der Frontlinie des Ukraine-Krieges, das bis dahin vor direkten Angriffen russischer Soldat*innen verschont geblieben ist. Bombardierungen und Schutzsuche im Keller prägen den Alltag. Das Haus der Nachbar*innen liegt nach einem Angriff zur Hälfte in Schutt und Asche. Doch statt zu fliehen, verarbeiten Mutter Ganna und die Kinder Myroslava, Anastasia, Vladyslav und Stanislav ihre Erlebnisse mithilfe kreativer Arbeit. Tochter Myrosia ist stets mit ihrer Canon „bewaffnet“ und schafft die Aufnahme für ein Kamerastudium an der Filmhochschule. Zwischen ihr und ihrer Mutter gibt es künstlerische Auseinandersetzungen, wie man sie in „normalen“ Zeiten erwarten würde. Und dieses kleine Stück Normalität zieht sich durch den gesamten Film. Denn trotz des Elends gibt es dank der Stärke der Protagonist*innen immer wieder Optimismus und positive Ausblicke. Der Weihnachtsbaum wird geschmückt, es werden Haare geschnitten, Geburtstag gefeiert. Und als Höhepunkt feiert Myrosia die Premiere ihres ersten Films als Kamerafrau mit und über ihre Familie. „Ich kann nicht … Ich weiß nicht, was …”, sagt der junge Vladyslav vor der Kamera mit Tränen in den Augen in einer der ersten Einstellungen des Films. Und das gibt wohl ein Stück weit die Sprach- und Ratlosigkeit wider, die ein Krieg verursacht, der mitten in der Zivilbevölkerung ausgetragen wird. Lässt sich der Wahnsinn des Krieges überhaupt in einem kreativen Medium wie dem Film abbilden? Zumindest ist er für Ganna und ihre Familie ein Mittel zur Traumabewältigung. (Anja Klauck)

  • Dauer: 73 Min.
  • Länder: Ukraine
  • Sprache: Russisch, Ukrainisch
  • Untertitel: Englisch
  • Produktionsjahr: 2020

  • Regie: Iryna Tsilyk
  • Produktion: Anna Kapustina, Giedrė Žickytė
  • Kamera: Viacheslav Tsvietkov
  • Schnitt: Ivan Bannikov, Iryna Tsilyk
  • Sound: Jonas Maksvytis
  • Nominierung: Goldener Schlüssel