Väter Unser
Es ist eine universelle Erfahrung und oft zugleich auch eine schwierige, ein Erlebnis, das uns prägt und formt – das Kind eines Vaters zu sein. Viele Dokumentarfilme setzten sich mit Mutter-Kind-Beziehungen auseinander, der Blick auf das eigene Verhältnis zum Vater (sei es nun biologisch oder nicht) hingegen ist nach wie vor ein seltener im Dokumentarfilm. In Sophie Linnenbaums Film VÄTER UNSER ist das anders. Die Regisseurin führte zahlreiche Gespräche mit Männern und Frauen und befragte diese zu ihrem Verhältnis zu ihrem Vater. Anschließend verdichtete sie die Geschichten zu wenigen, aber dafür ausführlicheren Gesprächen, die das Grundgerüst dieses beeindruckenden Films bilden. Sechs Menschen erzählen freimütig vor der Kamera von ihren Vätern. Es sind Geschichten voller Nachdenklichkeit und Erinnerungen, voller Geborgenheit und Wärme, aber auch voller Leid. Geschichten von Abwesenheit und schmerzlichem Vermissen, die die ganze Klaviatur der Emotionen ausbreiten, ohne dabei in einem Moment auch nur ansatzweise voyeuristisch zu sein. Bewusst verzichtet der Film auf jegliche Form der Inszenierung. Die Interviews, die Sophie Linnenbaum mit insgesamt 42 Menschen führt und dann aus diesen sechs Geschichten herausdestillierte, finden stets vor einem neutralen schwarzen Hintergrund statt und konzentrieren sich völlig auf die Protagonist*innen und deren Emotionen. Was normalerweise im Dokumentarfilm verpönt ist – die Konzentration auf sprechende Gesichter, die sogenannten „Talking Heads“ – erweist sich hier als inszenatorischer Glücksgriff, der es den Zuschauer*innen erlaubt, sich völlig auf das Gesprochene und die Emotionen zu konzentrieren und so den Geschichten wirklich nahe zu kommen. Auf diese Weise entsteht eine ganz besondere Beziehung zwischen den Sprechenden und uns, dem Publikum und lässt einen Raum voller Intimität und Geborgenheit entstehen. (Joachim Kurz)… >>>
- Dauer: 76 Min.
- Regie: Sophie Linnenbaum