Im Kurzfilmprogramm ARCHIVGUT II manifestiert sich persönliches und politisches Erbe, indem Archive realisiert, entdeckt und betrachtet werden. Die gesellschaftlichen Auswirkungen resonieren sowohl auf privater als auch auf institutioneller Ebene. Die Fragen nach Verlust und Herkunft werden archivarisch aufgearbeitet und filmisch inszeniert. Die fünf Filme überraschen dabei mit raffinierten musikalischen Rahmungen. ARCHIVGUT II ist ein Mixtape aus Erinnerungen an traumatische Kriegserlebnisse, dem Zerbrechen politischer Systeme und Glaubenskonstrukten. (Afsun Moshiry)
Was lassen Menschen, die auswandern, zurück? Materielle Besitztümer und Orte werden für die zurückgelassenen Angehörigen zu wertvollen Objekten und Erinnerungen, die archiviert und aufbewahrt werden. Für eine Zeit, in der ihre Besitzer*innen zurückkehren – falls sie es jemals tun.… >>>
Auf seinen Wunsch hin digitalisiert Karla Crnčević nach 30 Jahren das von ihrem Vater gefilmte VHS-Material. Sie fragt sich, ob er sich an das erinnert, was er damals aufgenommen hat. Der Film entstand aus dem Impuls heraus, persönliches Archivmaterial erneut anzusehen und zu überdenken. Er untersucht die Erinnerung und ihre Beziehung zu Dokumentation sowie zu nicht-institutionellen Archivpraktiken. Indem er Politik mit intimen Räumen verbindet, hinterfragt der Film sowohl den Einfluss des Krieges auf private Archive als auch die Rolle von Gärten als Orte des Neubeginns.… >>>
THE CYAN GARDEN wurde zum Teil auf „Lucky“ gedreht, ausgemusterten 16-mm-Schwarzweiß-Filmmaterial, das für die militärische Luftaufklärung bestimmt war. Der Film dreht sich um einen Radiosender, der nicht entdeckt werden sollte, und eine rekonstruierte Airbnb-Wohnung namens „The Lover“. Zwischen 1969 und 1981 residierte das malaysische kommunistische Exil-Untergrundradio „Voice of the Malayan Revolution“ in dem Gebäude, das bald ein Resort werden sollte. In THE CYAN GARDEN werden visuelle Notizen über die zeitgenössische Urbanisierung, revolutionäre Körper, erstickte Romantik und die Unfähigkeit, sich „richtig“ zu erinnern, miteinander verwoben, während im Hintergrund Liebeslieder erklingen.… >>>
1975, sowjetisches Litauen. Vor der Kulisse eines industriellen Fischkutters küssen Fischer ihre Frauen zum Abschied. Auch wenn das Schiff Tausende von Kilometer vom Eisernen Vorhang entfernt ist, folgt sein Schatten den Männern. Sie fahren auf das Meer hinaus, um an den fernen Atlantikküsten Afrikas Fische zu fangen. Neben dem Fisch interessieren sich die Männer für das afrikanische Erbe und die Kultur, die sie in Stücken mit nach Hause bringen.… >>>
Museumsdepots sind Orte, an denen Dinge außer Sichtweite aufbewahrt werden, aber auch vor allzu schematischen historischen Beurteilungen geschützt sind. In seinem neuen Film beschäftigt sich Assaf Gruber mit den Beständen der Neuen Galerie Graz. In dem käfigartigen Raum des Depots sehen wir einen nackten Musiker, der intensiv an einer Komposition arbeitet. Er lässt sich von Künstler*innen inspirieren, die sich in einer Grauzone zwischen modernistischem Anspruch und nationalsozialistischer Begeisterung bewegen. Unser geheimnisvoller Protagonist spielt zaghaft eine bekannte Melodie. Es ist ein Lied, das viele von uns kennen, das man auf den Tanzflächen in ganz Europa wiedererkennt – aber wie viele von uns haben sich jemals die Mühe gemacht, den bemerkenswert imperialistischen Text zu hören?… >>>