Durch die Verfügbarkeit digitaler Aufnahmetechniken ist die Bewegtbildproduktion alltäglich geworden. Nach zehn Jahren in Buenos Aires ist die Filmemacherin nach Deutschland zurückgekehrt und sieht sich die Videos an, die sie über die Jahre auf ihrem Handy gedreht hat. Flüchtige private Aufnahmen, die sie nun betrachtet als wären sie das Material eines Films, dessen Bedeutung noch offen ist. Bilder, die ohne unmittelbaren Zweck entstanden sind werden zum Ort einer Befragung des eigenen Lebens und unseres Verhältnisses zu Bildern. Der Versuch sie zu ordnen verbindet sich mit dem Versuch, eine Ordnung im Lebenslauf zu finden. „In letzter Zeit stelle ich mir Film als Dreieck vor: Eine Kamera, mein Gegenüber, Ich. Keiner versteht den anderen und während wir drehen, erfinden wir eine gemeinsame Sprache.“… >>>
Als filmische Objekte sind Tiere schillernd: in ihrem Verhalten zugleich fremd und an Menschliches erinnernd. In ihrer Arbeit arrangiert die bildende Künstlerin Ann Oren Aufnahmen von Tieren in Zoos in Bild und Ton. Dabei entsteht ein feingesponnenes Netz aus scheinbaren Beziehungen: Aktion und Reaktion, Rufe und Antworten, ein Spiel, das sich zum Ende zu einem gemeinsamen animalischen Konzert verdichtet. Das Aufeinanderbeziehen der Tiere im Schnitt und in der Tonmontage erweckt den Eindruck eines Aufeinanderbezogenseins der Tiere selbst: eine Gesellschaft von Tieren. Der Film wird damit nicht nur zu einem Kommentar auf die Gemeinschaften die Zoos bilden, sondern auf die (menschliche) Gesellschaft, die Zoos als ihr Gegen- und Abbild entwirft.… >>>
Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt aus starrer Kameraperspektive Straßen und Plätze einer Stadt. Aus dem Off nennt eine Stimme die dazugehörigen Namen. In der österreichischen Stadt Graz sind 94% aller Verkehrsflächen nach Männern benannt. 1|15 katalogisiert all jene, die den Namen von Frauen tragen. Bild für Bild bewegt sich der Film von der Peripherie Richtung Zentrum und in der Serialisierung des standardisierten Verfahrens entsteht eine Landschaft, die der Aufmerksamkeit weitere Momente erschließt und neben dem baulichen Bild der Stadt eine gesellschaftliche Dimension sichtbar macht. In der urbanen Geographie der Orte, den Entscheidungen wem öffentliche Erinnerung zu Teil werden soll wird ein Geschlechterverhältnis sichtbar, das symbolisch über die konkrete Stadt hinausweist.… >>>
Eine fixierte Kameraperspektive rahmt ein Einfamilienhaus mit Garten ein, wie es auch eine Immobilienanzeige tun würde, nach der die Attribute des Titels klingen. Was im Bildraum geschieht, wirkt eher wie ein fröhliches Chaos: Auf einer Leiter wird Pyrotechnik entzündet, Menschen und (Rasenmäher-)Roboter haben Auf- und Abtritte, von Filmcrew und Hausbesitzer, von jenseits des Frames hört man Regieanweisungen. Zusammenhänge von Ursache und Wirkung erscheinen eher als Knäuel denn als klare Relationen. In einer einzigen Einstellung baut SEHR GEPFLEGT UND GUT GELEGEN fröhlich ein vielschichtiges Bild einer charakteristischen Wohnform, zerlegt es nicht minder beschwingt in die Techniken seiner Erzeugung und befragt es nach den Machtrelationen, die in ihm und seiner Herstellung zum Ausdruck kommen.… >>>
In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts ließ der französische Staat im Südamerikanischen Französisch- Guyana ein Raumfahrtzentrum bauen. Im Zuge der Errichtung wurden Bewohner*innen zwangsumgesiedelt, ihre Häuser abgerissen und neue Stadtteile aufgezogen, deren Architektur sich vorwiegend an die europäischen Fachkräfte richtete. Die Arbeit rekombiniert und bearbeitet nüchterne Imagefilme der Europäischen Raumfahrtbehörde mit Archivbildern der lokalen Bevölkerung und einer aus Feldforschungsergebnissen fiktionalisierten Familiengeschichte, die im Off erzählt wird. Während die träumerischen Bilder der Eroberung des Weltalls an eine Geschichte kolonialer Eingriffe zurückgebunden werden, wird die Stimme jener vernehmbar, die in der offiziellen Geschichtsschreibung ausgeblendet wurden.… >>>
Der Dollart ist eine Meeresbucht an der Emsmündung zwischen Deutschland und den Niederlanden, geformt von Gezeiten und Sturmfluten, aber auch den Techniken von Land- und Energiegewinnung. Über den genauen Verlauf der Grenze gibt es bis heute keine Einigkeit zwischen den Staaten. Nicht an politischen Grenzen orientieren sich die Zugvögel, die dort jedes Jahr überwintern. MIGRANTS ist augenscheinlich ein Porträt der Zugvögelschwärme, setzt sich dabei aus ein-sekündigen, sprunghaft aneinander anschließenden Aufnahmen zusammen: Eine Bewegung, durchbrochen von ständigen Bildgrenzen, die der Film nicht so sehr abbildet, als er sie erschafft, und dabei der Metapher der migrierenden Vögel mit genuin filmischen Mitteln politischen Gehalt verleiht.… >>>