Angriff auf die Demokratie. Eine Intervention
Beim Symposium im Berliner Haus der Kulturen der Welt zum Zustand unserer Demokratie im Dezember 2011 waren sich die geladenen Intellektuellen bei der Problemdefinition einig: Der Markt hat die Demokratie in weiten Teilen ausgehebelt. Nun mussten Lösungen her.
Initiator Harald Welzer erinnert sich an seine Jugend. Mit 15 habe er die Welt gesehen, wie er sie heute wieder sieht. Bis vor wenigen Jahren, so analysiert der Intellektuelle seine eigene Entwicklung, habe jedoch eine Mischung aus Wissen und Unzuständigkeit seine Haltung bestimmt. Diese arrogante Position könne man sich heute nicht mehr leisten, „wenn man sich selbst ernst nehmen will.“
„Mit 15 hatte ich recht,“ weiß Welzer heute. Damals konnte er nur ahnen, was nicht Politikwissenschaftler oder Soziologen, sondern Mathematiker und Informatiker in Zürich herausfanden: 147 Konzerne kontrollieren die Weltwirtschaft. Das sind die Ergebnisse einer Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Unter den 50 mächtigsten Konzernen finden sich fast ausnahmslos Finanz- und Versicherungsunternehmen. Lediglich ein Unternehmen der Top 50 ist in der Ölwirtschaft. Diese globalen Spieler sind „too connected to fail“, weil sie ihren Einfluss über Netzwerke bündeln.
Der Markt hat nicht nur die Politik, sondern auch die Gesellschaft bis in ihre letzten Winkel durchdrungen, sind sich die Redner einig. „Politiker funktionieren wie ein Design-Produkt“, so Architekturtheoretiker Friedrich von Borries. Marketing-Begriffe wie „Zielgruppen und Kernbotschaften“ bestimmten die Politik. „Now is our time.“ In einem YouTube-Clip sieht man, wie die Lettern in ein Industriegemäuer gesprengt werden. Die Botschaft entstammt aber nicht etwa dem Plakat eines Occupy-Demonstranten, sondern einem Werbevideo des Jeansherstellers Levi's, das von einer politischen Kampagne kaum noch zu unterscheiden ist.
Die Teilnehmer/innen des Symposiums versuchen in ANGRIFF AUF DIE DEMOKRATIE ihre Ansichten über die aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage dem Publikum näherzubringen.
Natürlich kann eine solche Vortragsreihe vielleicht nicht die Welt verändern (oder evtl. doch?), aber sicherlich ein äußerst anregendes „Food for thought“ sein.
Romuald Karmakars Dokumentation des Symposiums ist ein filmisch wie inhaltlich wichtiges, spannendes und überaus lohnenswertes Experiment.
- Deutschland
- 102:00 Min.
- Regie: Romuald Karmakar
- Kamera: Uli Köhler, Manuel Forster
- Ton: Rolf Bernhardt
- Sprache: deutsch
- Untertitel: englische
- Jahr: 2012