San Agustin-Ebbe im Plastikmeer
Inmitten Europas größter Obst- und Gemüseanbaufläche, dem „Mar de Plastico”, liegt das andalusische Dorf San Agustin. 90 Prozent der Paprika, die in europäischen Supermärkten landen, kommen aus dem sogenannten Plastikmeer. Aus der medialen Berichterstattung sind die Bilder der hektarweit von Plastikfolien überzogenen Landschaft bekannt. Ebenso hier anknüpfende Analysen global-wirtschaftlicher Problemlagen. SAN AGUSTIN – EBBE IM PLASTIKMEER lässt jedoch exemplarisch die einheimischen Bäuerinnen und Bauern zu Wort kommen, die die Gewächshäuser aufgebaut haben und betreiben. Was ist ihre Perspektive auf die EU-subventionierten Entwicklungen in ihrer Region? Wie sieht ihre Wirklichkeit, ihr Alltag aus?
Eine Ernteperiode lang begleiten die drei jungen Filmemacher/innen Gudrun Gruber, Alexander Hick und Michael Schmitt die Vorkommnisse in San Agustin. Dabei lernen wir den mürrischen Junggesellen José Maria kennen, der zwischen all seinen Zucchini lieber ständig für sich wäre, als sich mit irgendeinem Menschen abgeben zu müssen. Von der grundsätzlichen Unfähigkeit der Politik ist er ebenso überzeugt, wie von der medialen Propaganda gegen ihn und seine hart arbeitenden Nachbar/innen. Die Familie Crespo versucht sich durch vielfältige Beschäftigungsfelder über Wasser zu halten. Sie bauen Gemüse an, züchten Schafe und hegen und pflegen ihren eigenen gigantischen Kompostberg. All das ist nichts außergewöhnliches für Paco, der zusammen mit seiner Familie die kleine Kneipe im Dorf betreibt. Bei ihm versammeln sich die Bauern, um über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen.
In neun Kapiteln loten die drei Filmemacher/innen die verschiedensten Aspekte des andalusischen Dorfes mit ironischer Distanz aus - von den Beschäftigungsbedingungen illegaler Einwander/innen bis hin zur „Gurkenkrise“. Geschickt werden Bilder von verrottenden Gemüsebergen mit denen der Partymeilen und Bettenburgen direkt nebenan montiert. Denn in der Provinz Almería im Süden Spaniens paart sich der exorbitante Obst- und Gemüseanbau mit der wild wuchernden Urlaubsindustrie. Ein treffendes Sinnbild für die dekadente Ignoranz gegenwärtiger Lebensstile.
SAN AGUSTIN ist eine beachtliche Nachwuchsarbeit, die einen bitter-süßen Einblick in eine Fülle sehr ernster Problematiken gibt. Der erfrischenden und subtilen Vermittlungsweise ist besonders zu wünschen, dass sie zum Nachdenken anregt.
- Deutschland
- 72:00 Min.
- Regie: Gudrun Gruber, Alexander Hick, Michael Schmitt
- Production: Hochschule für Fernsehen und Film München
- Kamera: Aline Laszlo
- Schnitt: Nina Ergang
- Musik: Calexico, Pink Martini
- Ton: Gudrun Gruber, Alexander Hick, Michael Schmitt
- Sprache: spanisch
- Untertitel: deutsche, englische
- Jahr: 2012