Metamorphosen
Die Katastrophe von Fukushima ist uns allen noch in schmerzhafter Erinnerung. Aber wie war das damals genau mit Tschernobyl? Der Filmemacher Sebastian Mez beginnt zu recherchieren und stößt auf einen Umweltskandal, von dem kaum jemand auf der Welt zu wissen scheint. Im südlichen Uralgebiet, zwischen den großen Industriestädten Tscheljabinsk und Jekaterinburg lässt Stalin kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die Plutoniumfabrik Majak errichten. Unter unzulänglichen Arbeits- und Sicherheitsbedingungen wird hier Material für die sowjetische Atombombe produziert und radioaktive Abfälle einfach in die umliegenden Gewässer geleitet. 1957 explodiert ein Stahltank und setzt große Mengen an radioaktivem Material frei. Die Geheimhaltung des sowjetischen Regimes gelingt, die meteorologischen Umstände lassen die Messgeräte im Westen nicht ausschlagen, vor den Einheimischen der betroffenen Gebiete wird der Vorfall heruntergespielt. Es geht weiter wie zuvor, zahlreiche Unfälle und Störungen folgen, auch heute noch dient die Anlage der Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen. METAMORPHOSEN spürt den Ereignissen rund um das Kraftwerk und ihren Folgen für die Menschen vor Ort nach. Spüren ist das richtige Wort: Mez geht es um eine emotionale Sichtbarkeit. Kontrastreiche Schwarzweiß-Aufnahmen fangen die karge, unwirtliche Landschaft ein, legen Strukturen frei, Gesichter, entlarven Posen. Die fast ausschließlich im Off ablaufenden O-Töne erzählen schockierende Einzelheiten: das langjährige Baden im zutiefst verseuchten Fluss, fehlende oder falsche Kommunikation der Verantwortlichen, etc. Zur zentralen Stelle in METAMORPHOSEN wird eine Szene, in der vor der Kamera versucht wird, die radioaktive Strahlung sichtbar zu machen. Eine subjektive Einstellung startet etwa 20 Meter vom Fluss entfernt und bewegt sich langsam in Richtung Ufer. Das Knacken des Messgeräts wird immer stärker, die Anzeige auf der Skala verzehnfacht, verhundertfacht, vertausendfacht sich. Die Anordnungen des Films sind zutiefst kinematografisch, reichen dann aber doch auch weit über das Kino hinaus: als Anklage an ein politisches System der UdSSR und ihres Nachfolgestaats, dessen Verständnis von Kollateralschäden fassungslos zurücklässt: Die Bewohner des eine Stunde Autofahrt von Majak und nur wenige Meter vom Tetcha-Fluss entfernt liegenden Dorfes Musljumowo wurden mittlerweile umgesiedelt – in ein drei Kilometer entferntes Alibidorf.
- Deutschland
- 01:24:00
- Regie: Sebastian Mez
- Production: Sebastian Mez,
- Kamera: Sebastian Mez
- Schnitt: Katharina Fiedler
- Ton: Sebastian Mez
- Sprache: ru
- Untertitel: de
- Jahr: 2013
- A38-Produktions-Stipendium