Stolpersteine
Als Symbole für die historische Amnesie führen Stolpersteine im deutschen Straßenbild ein seltsames Eigenleben: kleine, mahnende Monumente, fest im Boden einbetoniert und dennoch meist unbemerkt. Die Vergangenheit ist Geschichte, die Bilder sind sortiert und alle Fragen scheinen beantwortet. Hier aber kommen drei Filme zusammen, die der Friedhofsruhe misstrauen, die nochmal hinhören und nachfragen, die in Berlin, Paris und New York die Geschichte des letzten Jahrhunderts hervorholen und dabei entdecken, dass diese alles andere als abgeschlossen ist.
Y penser sans cesse
„Bei wem wohnen wir, bei wem lachen wir", fragt das Kind, „und wer war das Kind, dessen Größe an unserer Zimmertür festgehalten wurde?" An einem heißen Augusttag in Berlin werden Mutter und Kind von einer alten Geschichte heimgesucht: von der Familie Wellenstein, die auch einmal in dem gelben Haus in Charlottenburg wohnte und die an einem Augusttag des Jahres 1943 in den Tod deportiert wurde. Text und Stimme von Marie Ndiaye unterlegt Denis Cointe mit Blicken aus der fahrenden S-Bahn, mit Blicken auf das neue, so friedliche Berlin, in denen sich etwas spiegelt, das hinter uns liegt und das doch sichtbar wird, wenn die Sonne schräg durchs Fenster fällt.
- Frankreich
- 00:30:02
- Regie: Denis Cointe
- Production: Anne Luthaud
- Kamera: Denis Cointe
- Schnitt: Yohann Costédoat - Descouzères
- Musik: Sébastien Capazza & Frédérick Cazaux
- Ton: Mix by David Coutures
- Sprache: fr
- Untertitel: en
- Jahr: 2012
- Weltpremiere
Contre Vents et Marées
Am 17. Oktober 1961 folgten 30.000 Menschen einem Aufruf der FLN (Nationale Befreiungsfront Algeriens), auf den Straßen von Paris gegen die pauschal gegen „Muslime und Algerier" verhängte Ausgangssperre zu protestieren. Die Polizei ging mit massiver Gewalt vor. Bis heute ist weitgehend ungeklärt, was an diesem traumatischen Datum genau geschah. Während offizielle Versionen die Ereignisse weiterhin bagatellisieren, spricht alles dafür, dass damals ein Massaker an den Demonstranten verübt wurde und hunderte Tote von der Polizei in die Seine geworfen wurden. Über den Umweg einer Originaltonaufnahme des Konzerts, das Ray Charles am selben Abend in Paris gegeben hat, findet CONTRE VENTS ET MARÉES zu einer eindringlichen Form der Erinnerungsarbeit.
- Vereinigte Staaten von Amerika
- 00:08:53
- Regie: Elleni Sclavenitis
- Production: Elleni Sclavenitis
- Kamera: Elleni Sclavenitis
- Schnitt: Elleni Sclavenitis
- Musik: Elleni Sclavenitis
- Ton: Elleni Sclavenitis
- Sprache: fr
- Untertitel: en
- Jahr: 2013
- Website
- A38-Produktions-Stipendium
- Weltpremiere
A Letter to Mother
Spurensuche in New York, die Kamera umkreist die Wege der Großeltern, stets auf der Suche nach einem Identifikationspunkt. Die Künstlerin versucht zu erkunden, warum ihre Großeltern nach dem Zweiten Weltkrieg von Finnland in die USA migrierten, welche Tätigkeiten ihr Großvater während der McCarthy-Ära und des Kalten Krieges ausübte und was ihre Mutter darüber wusste. In einem dichten Netz aus persönlichen Erinnerungen, überlieferten Familiengeschichten und Anekdoten wird deutlich, wie eng das Private häufig mit dem Politischen verwoben ist.
- Finnland
- 00:27:42
- Regie: Laura Horelli
- Sprache: en
- Untertitel: de
- Jahr: 2013
- Weltpremiere