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Gloria Kino, 10:00 Uhr
Die vergessene Armee

Die vergessene Armee

Als 1989 die Berliner Mauer fiel, wurde auch die Nationale Volksarmee der DDR mit einen Schlag überflüssig. Sie hatte als Machtinstrument der Sozialistischen Einheitspartei (SED) ausgedient. Im Zuge der offiziellen Auflösung der NVA ein knappes Jahr später, wurden nur knapp 11.000 Soldaten längerfristig in die Bundeswehr übernommen, hunderttausende standen plötzlich auf der Straße. Seit über 25 Jahren sind sie nun Bürger der Bundesrepublik. Doch sind sie auch Teil unserer Gesellschaft geworden? Und wie gehen sie mit der eigenen Vergangenheit um? Die dänische Filmemacherin Signe Astrup lebt seit 20 Jahren Berlin. Sie hat sich über mehrere Jahre mit Ehemaligen der „vergessenen Armee“ getroffen. Viele haben sich bis heute nicht mit dem Ende der DDR abgefunden und sehen sich noch immer dem sozialistischen Fahneneid verpflichtet. Einige fühlen sich von ihrer früheren Staatsführung verraten. In Traditionsverbänden und Kameradschaften versuchen die einstigen Berufssoldaten, das Andenken an den untergegangenen Staat zu wahren. Bei Treffen salutieren sie in den alten Uniformen und singen die Internationale. Doch der feste Glaube, dass die DDR der beste Staat der Welt war, hat bei manchen inzwischen Kratzer bekommen. Der Blick in die eigene Stasi-Akte kann auch den überzeugtesten „Veteran“ zweifeln lassen. DIE VERGESSENE ARMEE erzählt von ehemals stolzen Soldaten, die heute als Müllmänner arbeiten oder seit Jahren ohne Beschäftigung sind, von lebenslangen Enttäuschungen, vergilbten Idealen und verdrängter Schuld. Signe Astrup sagt im Interview zu ihrem Film: „Der Wunsch, seine Nachbarn besser kennenzulernen, ist meiner Meinung nach kein schlechter Anfang, um einer Zeit zu begegnen, in der die westliche Weltordnung vielerorts in Frage gestellt wird. Wenn sich Teile der Gesellschaft abwenden und das Staatssystem als Ganzes ablehnen, kann es für uns alle gefährlich werden. Wir müssen alle Bürger mitnehmen; jeder Einzelne sollte sich mit dem Staat, in dem er lebt, soweit identifizieren können, dass er dessen Grundwerte mitträgt, egal ob er ehemaliger DDR-Bürger, Däne oder Syrer ist. Wir werden aktuell mit Feinbildern konfrontiert - in Deutschland und ganz Europa , die mir persönlich große Angst machen. Auch ich bin während meiner Arbeit als „Lügenpresse“ bezeichnet worden. Das hat mich aber nur darin bestätigt, dass der Dialog wichtiger ist denn je.“

  • Deutschland
  • 01:29:00
  • Regie: Signe Astrup
  • Production: Signe Astrup, Constanza Julia Bani, Frank Evers
  • Kamera: Frank Schwaiger
  • Schnitt: Ruth Schönegge
  • Musik: Matija Strnisa
  • Ton: Ludwig Bestehorn
  • Sprache: de
  • Jahr: 2016