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Filmladen, 19:30 Uhr
Grab and Run

Grab and Run

Vorbereitungen für eine Hochzeit auf dem Lande: Der Hauseingang wird mit bunten Luftballons geschmückt, Männer schlachten ein Pferd, Frauen bereiten in großen Töpfen auf einem Holzofen Schmalzgebackenes zu. Im Wohnzimmer ist eine große Tafel gedeckt, um die viele Leute versammelt sind. Ein Mann singt ein Volkslied zum Akkordeon. Die Braut wartet in einer Kammer auf Antrittsbesuche der Verwandten. Nur – die Braut ist nicht freiwillig hier. Sie wurde von ihrem Bräutigam entführt. Seit der Unabhängigkeit Kirgisistans 1991, gibt es ein Revival der altertümlichen Praxis des „Ala-Kachuu“, dem Brauch, zwecks Heirat eine Frau gegen ihren Willen zu entführen. Zwei Drittel aller in Kirgisistan geschlossenen Ehen erfolgen nach einem Brautraub. Mehr als die Hälfte der entführten Frauen heiraten ihre Entführer, obwohl die Mehrzahl ihren Bräutigam davor, wenn überhaupt, nur ganz flüchtig kannte. Manchen Frauen gelingt nach heftigen Qualen die Flucht, doch meist werden sie durch die Tradition und die Furcht vor Skandalen überzeugt zu bleiben. Besonders in ländlichen Gebieten ist der Glaube an bestimmte Traditionen nach wie vor sehr stark, und zwingt so viele der geraubten Frauen in ihr Schicksal. „Ala-Kachuu“ soll in den nomadischen Bräuchen des Landes wurzeln. Nach krigisischem Recht sind Brautraub und Zwangsheirat aber längst gesetzlich verboten. Entführern droht eine Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Haft. Aber das Gesetz wird kaum durchgesetzt, um Frauen vor dieser brutalen Praxis zu schützen. GRAB AND RUN erzählt die Geschichten von Jamilia, Yazgul, Bermet und Anderen und versucht dabei nachzuvollziehen, warum „Ala-Kacchuu“ wieder so häufig in Kirgisistan praktiziert wird und die Mehrzahl der entführten Frauen bei ihren Entführern bleibt. Der Film läßt alle zu Wort kommen: Die Großmütter und Mütter der Bräute, die selbst auch durch Entführung verheiratet wurden. Genauso die Väter, die Brüder und die Jungen Männer, die meist selbst planen, ihre Zukünftige auf diesem Weg zu „finden“. Es gibt auch viele Stimmen dagegen sowie Aufklärungsunterricht schon in den Schulen. Aber wie Roser Corellas Film zeigt, ist „Ala-Kachuu“ in Kirgisistan nach wie vor eine gängige Praxis.

  • Deutschland, Spanien
  • 01:26:30
  • Regie: Roser Corella
  • Production: Roser Corella
  • Kamera: Roser Corella
  • Schnitt: Ariadna Ribas
  • Musik: Paul Frick
  • Ton: Alejandro Parody
  • Sprache: ky
  • Untertitel: en
  • Jahr: 2017
  • Website