Playing God
Kurz nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 verabschiedet der US-Kongress ein ungewöhnliches Gesetz. Um die amerikanischen Fluggesellschaften vor existenzvernichtenden Zivilprozessen zu schützen, legen die Politiker/innen einen milliardenschweren Fonds an, aus dem alle Opfer entschädigt werden sollen, die freiwillig auf den Gang zum Gericht verzichten. Ein Mann wird persönlich zum alleinigen Entscheider über alle Abfindungssummen ernannt: Der Anwalt und Mediator Ken Feinberg. Er bestimmt, wer unter welchen Voraussetzungen wie viel Geld bekommt. Sein Rechenmodell stößt bei vielen Opferangehörigen auf Entsetzen: Für sie ist der Wert der verlorenen geliebten Menschen niemals mit Geld aufzuwiegen. Wo bleiben Moral und Gerechtigkeit? Ken Feinberg hört sich über Monate eine tragische Geschichte nach der anderen an und setzt sich der Wut und Verzweiflung der Hinterbliebenen aus, die oft emotionale Angriffe auf seine Arbeit bedeuten. Ken Feinberg wird 1984 mit dem Agent Orange Fall betraut: Die Amerikaner/innen hatten das toxische Entlaubungsmittel im Vietnam-Krieg über dem Dschungel versprüht, um freie Schussbahn zu haben. Viele US-Soldat/innen erkrankten später an Krebs und schweren Hautkrankheiten. 250.000 Vietnam-Veteran/innen klagen gegen sieben Chemiefirmen. In der Nacht, bevor der Prozess beginnen soll, gibt es eine außergerichtliche Einigung. Ein Riesenerfolg. Doch zum Star und „Master of Disaster“ macht ihn dann der 9/11-Fonds. Seitdem scheint es in den USA kaum eine nationale Tragödie zu geben, bei der Feinberg nicht anschließend die Folgen regeln soll: Amokläufe, Bombenanschlag beim Boston Marathon, „Deepwater Horizon“-Katastrophe im Golf von Mexiko, um nur seine bekanntesten Fälle zu nennen. Wer ist aber dieser Mann, der zugleich als moderner „King Solomon“ und kühler „Pay Czar“ betitelt wird? Was erzählen uns die unterschiedlichen Fälle, die Opfer, seine Befürworter/innen und Gegner/innen? PLAYING GOD zeigt mehr als nur die Geschichte eines bisweilen allmächtig wirkenden, aber immer scharfsinnigen, charismatischen Akteurs: Was passiert innerhalb unserer westlichen Wertesysteme, wenn Wirtschaftsinteressen und persönliche Schicksale durch Tragödien ineinander greifen? Ein tiefer Einblick in die Seele der amerikanischen Gesellschaft und eine Frage an unser aller Wertesystem.
- Deutschland, Niederlande
- 01:35:00
- Regie: Karin Jurschick
- Production: Monika Mack, Birgit Schulz
- Kamera: Timm Lange
- Schnitt: Anika Simon
- Musik: Han Otten
- Ton: Pascal Capitolin
- Sprache: en
- Untertitel: de
- Jahr: 2017
- Europapremiere