Village Potemkin
Potemkinsche Dörfer sind Trugbilder. Als der russische Feldmarschall Potjomkin beim Besuch der Zarin Katharina II. neu eroberte Gebiete präsentieren wollte, so die Legende, ließ er entlang der Strecke Dörfer aus bemalten Kulissen errichten. So wollte er das wahre Bild der Gegend vor den Augen seiner Herrscherin verbergen. Dominikos Ignatiadis, selbst ehemaliger Heroinabhängiger und seit vielen Jahren clean, nutzt diese Metapher, um Zuschauer/innen die Realität der Sucht und des Substanzmissbrauchs „von innen“ näher zu bringen. Er schafft ein Portrait der Verlockung und der Gründe, die zur Substanznutzung (ver)führen, und der persönlichen und sozialen Abgründe, welche die Konsequenzen der Sucht mit sich bringen. Dominikos und fünf andere Menschen, die diese Welt von innen und am eigenen Leib erlebt und überlebt haben, lassen uns auf ehrliche und unverhohlene Art und Weise an ihrer persönlichen Geschichte vom Weg in die und aus der Sucht teilhaben. Gleichzeitig ist VILLAGE POTEMKIN ein Portrait einer Gesellschaft auf der Suche nach Sündenböcken: Griechenland mitten in einer Krise, die nicht neu und sicherlich nicht nur eine politische und wirtschaftliche, sondern auch eine Krise der Werte ist. So wird zum Beispiel erzählt, wie sechs Tage vor der Wahl 2012, das griechische Gesundheitsministerium haltlos 32 substanzabhängige Frauen öffentlich als HIV-infizierte Prostituierte anprangerte. „Die Stärke von VILLAGE POTEMKIN liegt allerdings nicht in der soziopolitischen Analyse des Themas sondern in dessen Menschlichkeit. Die Protagonisten beschönigen nichts, nichts hört sich „lehrerhaft“ an. Im Gegenteil – alles wirkt unangenehm, gewagt, politisch inkorrekt: Drogen führen dazu, dass man sich wohl fühlt, keiner würde damit aufhören, wenn es die schrecklichen Konsequenzen nicht gäbe. Und je mehr vom früheren Elend und der Würdelosigkeit erzählt wird, und je mehr der Fokus auf dem Menschen liegt, der sich eingesteht „ich liebe mich nicht“, „ich habe keine Angst vor dem Tod sondern vor dem Leben“, desto mehr fallen die Fassaden und die „nackten“ Protagonisten kommen zum Vorschein: Tolis, Marios, Giorgos, Kostas, Alan. Und letztlich wir selbst, denn wir schauen dadurch plötzlich in unseren eigenen Spiegel.“ (Poli Lykourgou, flix.gr)
- Griechenland
- 01:25:00
- Regie: Dominikos Ignatiadis
- Production: Dominikos Ignatiadis, Maria Repousi
- Kamera: Nikos Thomas, Yannis Xanthakis, Ilektra Spinthiropoulou, Stavros Simeonidis
- Schnitt: Evgenia Papageorgiou
- Musik: Ntinos Tselis
- Ton: Pantelis Koukias, Stavros Simeonidis
- Sprache: el
- Untertitel: en
- Jahr: 2017
- A38-Produktions-Stipendium
- Deutschlandpremiere