1982
Engagierte Dokumentarfilmer/innen „schnüren“ ein Paket mit ihren neuesten Filmen zu den Themen Frieden, Atomkraft, Faschismus, Hausbesetzung, Bürgerinitiativen, Umweltzerstörung und schicken es auf die Reise nach Kassel. Das Reisende Dokumentarfilmfest findet großen Anklang und ist die Initialzündung für das kommende Fest und für die Entwicklung des heutigen Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes.
1984
Das zweite Dokumentarfilmfest findet statt und zeigt den vierstündigen Dokumentarfilmklassiker „Dialog mit einer verstorbenen Frau“ von Leo Hurwitz. Neben aktuellen Produktionen ist auch eine kleine Retrospektive mit Meisterwerken von Joris Ivens, Luis Buñuel und René Clair zu sehen.
1985
„Busch singt“ – eine Chronik in Liedern: sechs Filme über die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts von dem berühmten DEFA-Regisseur Konrad Wolf, der während der Dreharbeiten verstirbt. Hartmut Bitomsky stellt mit „Deutschlandbilder“ seinen Kompilationsfilm über Nazikulturfilme vor.
1986
Peter Hellers „Dschungelburger-Hackfleischordnung International“ mischt die Welt der Fast-Food-Industrie auf. „Hirschhagen“, eine Spieldokumentation über eine verseuchte Waldregion in der Nähe von Kassel, in der jüdische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene unter grausamsten Bedingungen in einer Munitionsfabrik arbeiten mussten, bewegt die Zuschauer/innen tief.
1987
Klaus Wildenhahn präsentiert in Kassel seinen sensiblen Porträtfilm „Bln. DDR & ein Schriftsteller“. Es handelt sich um ein filmisches Essay über intellektuelle Arbeit in der DDR am Beispiel des Schriftstellers Christoph Hein. Die italienische Gruppe „Compagnia Mondo Nuovo“ präsentiert eine historisch authentische Laterna Magica-Schau mit Originalen aus dem 19. Jahrhundert.
1989
Nachdem das Fest 1988 wegen Finanzierungsschwierigkeiten ausfallen musste, startet es nach der Zwangspause wieder durch: Zum ersten Mal gibt es neben den Zelluloidprodukten auch eine eigene Videosektion. Diese kommt im Café Vis à Vis unter und probt dort den ersten Modellversuch eines Offenen Kanals in Kassel. Schon lange geplant sollte auch die DDR mit einer Sonderreihe über den filmischen Untergrund ein Thema des Festes werden. Ein paar Tage vor Beginn des Festivals fällt die Mauer.
1990
In der Kasseler Stadthalle wird im Rahmen des Festes ein Programm mit Filmen aus den Jahren 1896/97 auf dem originalen Lumière-Cinematographen No.1 von Dr. Paul Génard gezeigt.
1991
Die erste internationale Ausschreibung für das Programm findet statt. Höhepunkte des Festivals sind die Aufführungen von „Berlin: Sinfonie einer Großstadt“ von 1927 mit Livemusik und das Konzert der „Les Reines Prochaines“ mit Pipilotti Rist.
1992
Die Videosektion zieht in das Kulturhaus Dock 4 und ist nun in der Lage, auch Videoinstallationen angemessen zu präsentieren. Einen Schwerpunkt des Festes bilden Filme aus Litauen und Lettland. Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“ (1925) wird mit rekonstruierter Musik für Orchester von der Südwestfälischen Philharmonie im Opernhaus aufgeführt.
1993
Die politische Ausrichtung des Festes dokumentiert sich in diesem Jahr besonders durch die Präsentation von zahlreichen Videos und Filmen, die sich mit dem wieder erstarkten Neofaschismus auseinandersetzen. Der Film „Beruf Neonazi“ löst heftige Debatten aus und wird nach dem Fest von einem prominent besetzten Podium vor großem Auditorium diskutiert.
1994
Jonas Mekas zeigt eine Auswahl seiner Kurzfilme. Erstmalig präsentiert sich eine bundesdeutsche Hochschule, die Kunsthochschule für Medien Köln, mit einer eigenen Ausstellung im Rahmen des Festes. Ein zweitägiges Seminar zum Thema „Dekonstruktion und Video“ findet statt.
1995
Die interdisziplinäre Workshop-Tagung interfiction, die sich mit dem Internet und seinen Auswirkungen beschäftigt, wird ins Leben gerufen. Für die kommenden Jahre wird unter dem Motto „Public Access“ ein Internetcafé eingerichtet, das unter anderem die jeweiligen interfiction-Themen wie „Perspektiven und Mythen von Gegenöffentlichkeit in Datennetzen“ für eine breite Öffentlichkeit erfahrbar macht.
1996
Matthias Müller stellt das Kino des „Found Footage“ vor. Der Videokünstler Tony Oursler wird anlässlich der Verleihung des Arnold-Bode-Preises mit einer umfassenden Werkschau gewürdigt.
1997
Eine eigenständige Ausstellungssektion mit dem Namen Monitoring wird in Kooperation mit dem Kasseler Kunstverein gegründet. Monitoring entwickelt sich im Laufe der Jahre zu einer wichtigen Plattform für Medieninstallationen, insbesondere für junge Nachwuchskünstler/innen.
1998
Das Fest wird in die European Coordination of Film Festivals aufgenommen. Eine umfangreiche Werkschau der Medienkünstlerin Rotraut Pape wird im Kasseler Kunstverein gezeigt. Unter dem Titel „Juwelen des Dokumentarfilms“ zeichnet eine Hommage das Schaffen von Bert Haanstra nach.
1999
Eine neue Rekordmarke wird erreicht: Auf die internationale Ausschreibung bewerben sich für das Programm mehr als 1.000 Künstler/innen und Filmemacher/innen mit ihren Arbeiten. Dies lässt sich nicht mehr einfach „nebenbei“ organisieren: Das Fest wird zum professionellen „Ganzjahresbetrieb“.
2000
Die Reihe „15x15“ zeigt das Europäische Filmerbe mit 15 Langfilmen aus 15 europäischen Ländern. Mit der Veranstaltung „DVD-Kunst-Projekte“ wird ein noch junges und fast unbekanntes Medium auf sein Potential in der künstlerischen Praxis befragt. Die allgemeine Publikumsresonanz erfordert, dass die populärsten Programme an einen größeren Ort umziehen: In dem großen BALi-Kino finden 270 Besucher/innen Platz.
2001
Das Fest wird zum Festival. Mit dem Goldenen Herkules für die beste regionale Produktion wird der erste Geldpreis, gestiftet von der HNA, ausgelobt. Die innovativste digitale Arbeit wird von der Werkleitz-Gesellschaft mit einem Projektstipendium ausgezeichnet. Zugleich honoriert MEDIA Plus die europäische Dimension des Festes durch seine Förderung. In Zusammenarbeit mit dem documenta Archiv werden die Film- und Diskussionsreihen „documenta und Film“ und „Kurator/innen + Positionen“ realisiert. Die Videosektion, die Ausstellung Monitoring und die Workshop-Tagung interfiction ziehen in den KulturBahnhof und die BALi-Kinos um. In der Folge steigen die Zuschauerzahlen sprunghaft auf 5.000 Besucher/innen an.
2002
Mit dem Goldenen Schlüssel für die beste dokumentarische Nachwuchsarbeit wird mit Unterstützung des Kulturdezernats der Stadt Kassel ein weiterer Preis etabliert. Mittlerweile erreichen über 1.500 Einreichungen für die verschiedenen Sparten die Auswahlkommissionen. Zum ersten Mal findet zu Beginn des Festes eine gemeinsame Auftaktveranstaltung aller Sektionen im ausverkauften Gloria Kino statt.
2003
Zum Jubiläum wird erstmalig der Golden Cube für die beste Medieninstallation der Ausstellung Monitoring vergeben. Erster Preisstifter, der mit 2.500 € dotierten Auszeichnung, ist die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. Anlässlich der Berufung zum Professor an der Kunsthochschule Kassel zeigt eine ausführliche Ausstellung das Lebenswerk von Bjørn Melhus. Für die Jubiläums-DVD zum 20. schenken 21 Filmemacher/innen dem Festival einen Film aus der Geschichte des Festes.
2004
Dieses Jahr steht im Zeichen der Ausweitung des Dokfestes! Das Gloria Kino wird als fester Abspielort etabliert. Hier findet nun nicht nur die Auftaktveranstaltung statt, sondern es werden während des Dokfestes täglich zwei Filme gezeigt. Die DokfestLounge wird als neue Sektion des Festivals eingeführt. Als Forum für performatives Live-Bewegtbild und Musik sind seitdem, an jährlich wechselnden Orten, innovative Performance-Kunst und Clubkultur zu sehen. Am 14.11. fällt im BALi-Kino der Startschuss für das europaweite Docuzone-Projekt, an dem aus Deutschland sieben Kinos beteiligt sind. Mittlerweile sind nahezu alle Kinos in Europa digitalisiert.
2005
Mit weit über 2.000 eingereichten Filmen, Videos und Projektvorschlägen erreicht das Dokfest eine neue Dimension, die mit insgesamt 233 in drei verschiedenen Kinos präsentierten Arbeiten in einer weiteren Rekordzahl mündet. In Zusammenarbeit mit dem backup_festival und der Bauhaus-Universität Weimar wird die neue Entwicklung des Video Reportings beleuchtet. Zahlreiche Veranstaltungen dokumentieren dessen historische Wurzeln. Für dieses Teilprojekt erhält das Dokfest zum ersten Mal die Unterstützung aus dem Austauschfond Ost-West der Kulturstiftung des Bundes.
2006
Das Dokfest freut sich über mehr als 8.000 Besucher/innen zu den einzelnen Veranstaltungen. Anlässlich der Arnold-Bode-Preisverleihung an den Künstler Hans Schabus wird in Zusammenarbeit mit dem Kasseler Kunstverein sein filmisches Werk präsentiert. Das Werkleitz-Projektstipendium kann mit Unterstützung des Austauschfonds Ost-West der Kulturstiftung des Bundes zum A38-Produktions-Stipendium Kassel-Halle aufgewertet und erstmals mit Unterhalts- und Produktionsgeld ausgestattet werden.15 Jahre lang präsentierte das Dokfest jährlich wechselnd eine deutsche Ausbildungsstätte im Bereich Film und Medien. Seit 2006 blickt diese Reihe über den nationalen Tellerrand hinaus und stellt nun auch Hochschulen aus dem europäischen Ausland vor. Den Anfang machte ZeLIG – Schule für Dokumentarfilm, Fernsehen und neue Medien in Bozen, Italien.
2007
Das Dokfest als Blumenwiese: Über 2.500 Einreichungen wollen den Programmen und Sektionen Farbe geben. Am Ende des Auswahlprozesses wartet ein Strauß von 235 filmischen Arbeiten und 16 Medieninstallationen auf die Besucher/innen. Besonderes Highlight: das Filmfestival im Festival SPLICE IN, kuratiert von Sandra Schäfer, Regine Dura und Elfe Brandenburger, zeigt zum Thema „Gender und Politik in Afghanistan, seinen Nachbarländern und Europa“ historische und aktuelle Filmproduktionen, darunter elf deutsche Premieren. Die afghanische Botschafterin eröffnet die Veranstaltungsreihe im BALi Kino. 2007 konnte zudem die Micromata GmbH als neuer Sponsor für den Golden Cube gewonnen werden.
2008
Zum 25. Dokfest erscheint die Jubiläums-DVD „Berührungspunkte“. Sie vereinigt 33 Filme und Videos, die die Kurator/innen des Dokfestes beeindruckt und bewegt haben. Die Programmtitel der Kompilationen „Zwischen Medien“, „Zwischen Raum“ und „Zwischen Menschen“ spiegeln die thematischen Grundinteressen des Dokfestes wider.
Die Machbar GmbH übernimmt mit der Vergabe des Goldenen Herkules die Nachfolge der HNA und unterstützt in den folgenden Jahren das Dokfest bei der Entwicklung seines visuellen Erscheinungsbildes. Die Zuschauerzahlen übersteigen erstmals die 10.000.
2009
Nach dem 25. Jubiläum erhält das Dokfest die seit vielen Jahren erhoffte, deutliche Erhöhung des Etats durch die Stadt Kassel. Zum ersten Mal in der Geschichte des Festivals ist der „Sockel“ gesichert und die Stadt Kassel bekennt sich zu ihrem Dokfest mit einem Vertrag, der für die kommenden Jahre Planungssicherheit gewährleistet und die Entwicklung beflügeln wird. Auch andere Sponsoren, die die professionelle Weiterentwicklung bestärken, kann das Dokfest mit seinem Konzept gewinnen. Hierzu gehören Ambion (technische Ausstattung und Präsentation) und Kassel Marketing.
In Kooperation mit der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen) wird das Festivalangebot speziell für ein junges Publikum erweitert. Die Sektion junges dokfest – Dokumentarfilm sehen und verstehen ermöglicht Schüler/innen ab der 7. Klasse einen kreativen Einblick in das breite Spektrum des dokumentarischen Schaffens und präsentiert in Scrennings und Workshops Themen, die Jugendliche mit ihren Bedürfnissen und Ansichten begeistern. Diese neu geschaffene praxisorientierte Sektion des Kasseler Dokfestes wird massiv von der hessischen Film- und Medienakademie unterstützt. Unter dem Titel PraxisDokfest vermitteln Profis Fachwissen an Film- und Medienstudierende aus Hessen.
2010
2010 ist das Geburtsjahr des DokfestForums als Schnittstelle von Film und Kunst: In Kooperation mit der damaligen Kunsthalle Fridericianum wird ein Ort des Austauschs und der Kommunikation etabliert. Das DokfestForum verbindet Künstlergespräche, Vorträge und Podiumsdiskussionen mit Sichtungsplätzen zur Möglichkeit der individuellen Recherche des gesamten Festivalprogramms.
Studierende der Kunsthochschule Kassel geben den Anstoß für die Entwicklung und Realisierung des 1. Hessischen Hochschulfilmtages (HHFT). Gefördert durch die hessische Film- und Medienakademie ist der HHFT ein Screening für Fachpublikum (Produzenten, Redakteure, Vertriebspartner), bei dem die besten filmischen Werke der Hochschulen Offenbach, Darmstadt, Rhein-Main und Kassel präsentiert werden.
2011
Der Film „Versicherungsvertreter – Die erstaunliche Karriere des Mehmet Göker“ von Klaus Stern eröffnet das 28. Kasseler Dokfest. Er sorgt für zahlreiche Diskussionen und Debatten, aber auch für eine siebenmonatige Präsenz des Films im regulären Programm der BALi Kinos. Im Sommer startet das Projekt mediaartbase.de. Es entsteht eine Datenbank aus Langzeitdigitalisierung und Präsentation für Medienkunst und Dokumentationen über Kunst. Die Sammlungen umfassen ausführliche Beschreibungsdaten sowie Audio-, Video- und Textmaterial und setzen sich zusammen aus den Archiven des ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, des documenta-Archivs, des EMAF – European Media Art Festival Osnabrück und des Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes. Die Institutionen haben die Datenbank unter Berücksichtigung allgemeiner Copyrightbestimmungen und Interessen der Autor/innen und Künstler/innen entwickelt. Unter dem Titel „Ortsverbunden“ präsentiert das Kasseler Dokfest drei Künstlerinnen und ihre Werke, die auf verschiedene Weise in Kassel (neu) verortet sind: Martina Bramkamp, Mathilde ter Heijne und Kara Blake.
2012
Die Außendarstellung des Kasseler Dokfestes wird grundlegend überarbeitet. Im Sinne einer Gebrauchsanweisung finden sich im Katalog und auf der Website ausführliche Beschreibungen der einzelnen Sektionen zur besseren Orientierung durch die Vielfalt des Festivals. Durch einen Zuschuss des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst und die abgeschlossene Digitalisierung der Festivalkinos ist es erstmals möglich, die Mehrzahl der Filme und Videos in einem hochwertigen digitalen Format zu projizieren. Gemeinsam mit der Firma Speicher M1 wird ein Uploader für die gezeigten Arbeiten entwickelt, der eine Online-Visionierung während des Festivals ermöglicht.
2013
Das Dokfest feiert zahlreiche Geburtstage, die von verschiedenen Sonderprogrammen begleitet werden: sein eigenes 30. Jubiläum, die Workshop-Tagung interfiction findet zum 20. Mal statt, die DokfestLounge wird zehn, das junge dokfest wird fünf und Profis Plaudern Praxis heute unter dem Titel PraxisDokfest geht ebenfalls in die fünfte Runde. Sogar die Sektionen DokfestForum und HHFT stehen mit ihrer 4. Ausgabe kurz vor einem runden Jubiläum. Die Medienkunstausstellung Monitoring wird in ihrer 17-jährigen Geschichte von der thematischen Begleitausstellung „Fünfuhrtee in Karibati“ ergänzt. Zudem bietet das neue Format DokfestConnection akkreditierten Besucher/innen einen Ort der Begegnung und besseren Verknüpfung mit den Macher/innen des Festivals. Der mit insgesamt 4.000 € dotierte Kurzfilmwettbewerb „Nicht ohne mein Händi“ begibt sich auf die Suche nach einem Kinotrailer, der auf die Nichtbenutzung des Mobiltelefons während der Kinovorstellung aufmerksam macht.